Viele von euch wissen vielleicht, dass ich bei GearBest arbeite und in China lebe. Deshalb widme ich mich nicht nur anderer Themen auf Techkou.net, sondern kann bei vielen Problemen auch aus Erfahrung sprechen, da ich die meisten Abläufe miterlebt habe.
Nach zwei Jahren ist aber Schluss. Ich habe bei GearBest gekündigt!
Wie ich zu dem Job kam und warum ich nach zwei Jahren das Handtuch werfe und ein eigenes Unternehmen auf die Beine stellen will, erfahrt ihr in diesem persönlichen Artikel. Wer Fragen über GearBest oder China hat, der darf diese gerne stellen und ich versuche sie so gut ich darf zu beantworten.
Von China-Gadgets.de nach China
In 2012, während meines Studiums, bin ich auf ein Jobangebot im Studentenwerk aufmerksam geworden. „Internetaffiner Student für redaktionelle Tätigkeiten gesucht.“, hieß es in der Tätigkeitsbeschreibung. „Wie gemacht für mich!“, dachte ich mir zu diesem Zeitpunkt. Schnell eine Bewerbung geschrieben, damit geprahlt wie viel Zeit ich in Azeroth verbracht habe und das ich bei League of Legends die Diamond-League erreicht habe und schon meldeten sie sich bei mir.
Die folgenden drei Jahre waren der beste Anfang einer „Karriere“, den man sich wünschen kann. Das Team bei der TriMeXa GmbH war genial und der Wachstum von China-Gadgets.de rasant. Danke dafür an Kristian und die Doktoren!
Das so ein schnelles Wachstum nicht ohne weiteres an den chinesischen Shops vorbeiging, wurde schnell durch die ersten Testberichte deutlich. Das UMI Zero (erinnert sich noch wer?) war das erste Smartphone, welches ich, dann bereits im neuen Büro und nicht im Homeoffice, testen durfte.
Von da an ging es bergauf, das Unternehmen wuchs, mehr Redakteure kamen hinzu, Feste wurden gefeiert und neue Projekte wie Pandacheck.com wurden ins Leben gerufen. Der Kontakt nach China wurde immer ausführlicher (und nerviger durch die Vielzahl an Shops, die Testberichte angefertigt bekommen wollten) und ich immer größenwahnsinniger, um die Welt in China aus der ersten Reihe betrachten zu können.
Ein Jobangebot lag seit einiger Zeit vor, aber wollte ich wirklich alles hinschmeißen, um hinter die chinesische Firewall zu ziehen?
Bereut habe ich es bis heute nicht, obwohl der Abgang, obgleich das Team rund um China-Gadgets und anderer Projekte, absolut genial darauf reagiert hat, nicht leicht war.
Wer im Ruhrgebiet lebt und ordentliche Fähigkeiten vorzuweisen hat, der sollte unbedingt dort anheuern!
Die Anfänge bei GearBest
Angekommen in Shenzhen im Oktober 2015 war, nach dem ersten Erstaunen über die gigantische Metropole, der erste Arbeitstag mehr als ernüchtern. Neugierige und nette Kollegen, aber ein absolut heruntergekommenes Bürogebäude warfen die Frage auf, ob ich nicht doch einen Fehler gemacht habe. Zu früh gefreut Maxi, war alles umsonst?
Die Tatsache, dass der gute David, der vor mir den Computer, an dem ich ohne große Einleitung stationiert wurde, nutzte, seine gesamten Daten vermacht hatte (inklusive Hintergrundbild der Freundin), warf Fragen auf.
„Ist wirklich alles so chaotisch hier?“. Diese Vermutung bestätigte sich allzuoft in den nächsten Monaten. Wirklich talentiert oder gut ausgebildet war keiner und durfte keiner sein. Es wurde einfach ‚gemacht‘ und ‚versucht‘. Die Hoffnungen an mich, dem ersten deutschen bei Globalegrow, waren groß und ehrlich gesagt konnte ich diese nie wirklich erfüllen.
Die Erfolge kamen sehr schleppend, die interne Kommunikation war mehr Konkurrententum als Kollaboration. Zu dieser Zeit, nachdem ich mich Monate lang mit größeren Webseiten für strategische Kooperationen herumgeschlagen habe, widmete ich mich Onlineadvertisement Möglichkeiten und dem Blog, den einige von euch vielleicht regelmäßig besuchen.
Ich wollte herstellen und neues lernen, nicht e-Mails schreiben und absagen vom Chef bekommen (der übrigens zu den besten Menschen bei globalegrow gehört) mit der Aussage: „Zu teuer! Wir sind noch nicht bereit“.
Warum bin ich dann hier, wenn alles, was ich besser mache, nicht möglich ist? Frustration. Die Chancen waren gigantisch und 2017 hat gezeigt, wie groß GearBest eigentlich wachsen kann. Für Außenstehende ist dies oft schwer zugänglich.
Umzug in ein neues Büro
Glücklicherweise zog Globalegrow Mitte 2016 in ein neues Büro. Endlich ein Gebäude, dass der Größe des Unternehmens und der Masse an Bestellungen gerecht wurde! Nun saß ich im vierten Stock unseres Bürogebäudes zusammen mit 400 anderen Mitarbeitern, die primär für GearBest zuständig sind.
Glücklicherweise habe ich mir eine dedizierte Ecke aussuchen können, die deutlich ungestörter als der Rest der Etage war. Sonst wäre ich wahrscheinlich durchgedreht.
Durch meine Advertisement-Experimente (aus eigener Tasche), die anscheinend den richtigen ROI erreicht haben, leitete ich nun das Team, welches sich damit beschäftigte. ROI war übrigens das einzige was zählte. Sales, Sales, Sales ist das Motto in China! Leider mangelt es hinten und vorne an der Qualität.
Jetzt wurde es spannend und durch die Größe des Unternehmens kam meine große Chance. Niemals hätte ein ganz Depp vom Dorf wie ich, die Chance, ein solches Budget für Online-Advertising jeder Art auszugeben. Wahnsinn, wenn ich darüber nachdenke. Normalerweise würde dies durch eine Position im mittleren Management oder dem CMO betreut.
Persönlich wurden gigantische Vorsprünge wurden gemacht und nun widme ich mich einer eigenen Firma und dem Hobbyprojekt Techkou.net, um euch China und den e-Commerce näherzubringen.
GearBest hat sich in dieser Zeit auch rasant verbessert. Dies liegt vor allem an einer Sache: Germany Express – die zollfreie Versandmethode aus China. Auch interne Probleme gingen nun einfacher von der Hand und mein Team wurde primär ‚in Ruhe gelassen‘.
Schön war es übrigens zu sehen, wie auch der alte Arbeitgeber, nun mit neuem, besseren und größerem Team in dieser Zeit mitwuchs.
Das Ende des Kapitels
Allerdings hat China auch viele Schattenseiten. Jeden zweiten Samstag zu arbeiten und Arbeitszeiten von 8:30 – 18 Uhr (mit zwei Stunden Pause) sind sicher nicht Jedermanns Sache. Urlaubstage in China gibt es bei fast allen Firmen nur selten mehr als 5 und für Verspätungen am Morgen oder Krankheitstage wird Geld vom Lohn abgezogen.
Dennoch ist die Bezahlung bei GearBest definitiv überdurchschnittlich, wenn noch am Anfang der Karriere gestanden wird!
Diese Arbeitsumgebung sorgt natürlich nur selten für neue kreative Ideen oder fördert die Motivation. Das Potential ist nach wie vor groß, aber Repetition der Arbeit und der Abgang des nahestehendsten Arbeitskollegen & Partner sorgten dafür, dass auch ich das Kapitel schließen wollte.
Aber, meckern ist immer einfach. im Endeffekt ist jeder selbst für das eigene Glück verantwortlich. Ich sehe meines in Unabhängigkeit von einem Konzern, obwohl dies definitiv nicht der leichteste Weg ist.
Im Endeffekt kann ich GearBest nur, obwohl natürlich nie immer alles optimal abläuft, für diese Chance danken. Vielleicht kreuzen sich diese Wege sogar in der Zukunft. Grüße an das deutsche Team bei GearBest und allen, die mich unterstützt haben!
Diese Artikel erklärt natürlich nur einen Bruchteil von dem, was ich in den letzten zwei Jahren erlebt habe. Falls ihr Fragen zum Leben in China oder über die Arbeit in China habt, her damit!