Die Marke LeTV (乐视 / Lèshì. Firmenname: 乐视网信息技术北京股份有限公司), auch bekannt als LeEco oder LeREE (in Russland und Osteuropa), gehörte zu den Vorzeigeunternehmen aus China. Sie waren nicht nur die Ersten, die ein Smartphone mit USB-C Anschluss versehen haben, sondern wollten mit Faraday Future auch in das Themenfeld der selbstfahrenden Autos einsteigen.
Warum allerdings die Expansion des Unternehmens erst in Amerika und dann in Osteuropa gescheitert ist, möchte ich euch in diesem Artikel erklären. Kurz gesagt: Trotz großer Beliebtheit werden keine Smartphones mehr hergestellt.
Die Probleme des Unternehmens gehen soweit, dass der ehemalige CEO und Gründer Jia Yueting (贾跃亭 / Jiǎyuètíng) – auch ehemals als „Steve Jobs Chinas“ betitelt – von der chinesischen Regierung zurück nach China verlangt wurde. Dieser weigert sich allerdings Kalifornien, zu verlassen.
Der Werdegang von LeTV
Gegründet wurde das Unternehmen in 2004 und gehört zu den weltweit ersten Video- und Streamingplattformen der Welt. Zum Vergleich: YouTube wurde erst in 2005 gegründet und MySpace in 2003. Durch diese Vorreiterrolle konnte das Unternehmen ein schnelle Wachstum an Nutzern und Aufmerksamkeit in der Presse.
Der Gründer Jia Yueting wurde so zum Superstar in der chinesischen Technologie-Szene. Medien und Bürger hatten große Hoffnungen, dass das Videoportal, welches nun auch Hardware (Fernseher & Home) und eine eigene Software zur Verfügung stellt, internationalen Erfolg erzielen kann. Laut eigenen Aussagen nutzten zu Hochzeiten über 300 Millionen Nutzer Produkte des Unternehmens.
Seit 2010 ist LeTV auf der Börse in Shenzhen vertreten und Anfang 2015 war Le.com, der gegründete Mutterkonzern zu diesem Zeitpunkt, über 10 Milliarden Euro wert – eine Rekordsumme.
Ebenfalls sind zwei Instanzen bekannt, in denen der Handel ausgesetzt wurde. Letztere rührt daher, dass der CEO sich in Amerika abgesetzt hat und, wie bereits erwähnt, nicht den Anweisungen der chinesischen Regierung gefolgt ist. Zu diesem Zeitpunkt besaß LeEco Schulden in Höhe von 1,54 Milliarden US-Dollar.
Um Anleger zu schützen wurde der Handel in 2017 eingestellt. Bisweilen ist Jia Yueting, der sich in Amerika angeblich um Faraday Future kümmert, nicht nach China zurückgekehrt. Seine Bankkonten bleiben weiterhin gesperrt. Der Aktienpreis spiegelt das momentane Vertrauen in LeTV wieder.
Russland Expansion: LeREE in Moskau gegründet
Die internationale Expansion LeEcos gehörte zu den an meisten antizipierten News in China. In 2016 war es dann soweit und LeTV gründete LeREE (LeEco Russia and Eastern Europe). Geleitet wurde die Division von Victor Xue, der es sogar geschafft hatte, Politiker auf seine Seite zu ziehen, die der Expansion grünes Licht gaben.
Smartphones unter der LeTV bzw. LeEco Marke wurden in jenen Ländern als LeREE verkauft. So wurde zum Beispiel im Juni 2016 das LeREE Le 3 als vorgestellt. Dieses ist identisch zum LeEco Le 3 aus China.
Gleichzeitig wurde auch ein Flagship Store in Moskaus Atrium, einem High-End Shoppingcenter. eröffnet. Leider wurde dieser schon im dritten Quartal 2017 geschlossen, weil – so die offizielle Aussage – die Mieten zu hoch seien und man sich auf den Onlinehandel konzentrieren will. Dennoch wurde angekündigt, dass bis Ende 2018 bis zu 500 Offlineshops in Russland eröffnet werden sollen.
Leider wurde im dritten Quartal 2017 bekannt, dass es sich nur um leere Worte handelte, denn LeREE verkaufte in Russland gerade mal 21.000 Smartphones in der ersten Jahreshälfte. Somit weit abgeschlagen hinter den chinesischen Konkurrenten Huawei, ZTE oder Lenovo.
Bis heute hat sich das Unternehmen nicht offiziell aus der Region zurückgezogen, aber macht weiterhin Versprechen für die Zukunft.
Expansion in Amerika: Große Show, gigantische Rückschläge
Die Expansion in Amerika sollte einer der größten Meilensteine für das Unternehmen werden. Auch heimische Investoren blickten positiv auf die Expansion ins Ausland, denn schließlich schaffen es nur wenige chinesische Unternehmen ihre Marke erfolgreich „über den großen Teich“ zu bringen.
Der Fall – im wahrsten Sinne des Wortes – entpuppte sich allerdings schnell als Nullnummer. Große Versprechen, Investitionen und Ankündigungen zeigten, wie schlecht das Unternehmen wirklich auf die Expansion vorbereitet war.
Ein gigantisches Launch-Event im Oktober 2016 war der Startschuss für LeEco in den Vereinigten Staaten. Doch schon zu diesem Zeitpunkt wurde klar, nachdem das Event mehrere Male verschoben wurde, dass es Probleme gibt. Das ’self-driving‘ car von Faraday Future soll angeblich einen Unfall auf dem Weg zum Event gehabt haben und ein Prototyp, ohne jegliche Features, wurde vorgeführt.
Folgende Investitionen wurden getätigt, um LeEco erfolgreich in den USA starten zu lassen. Eventuell hat sich das Unternehmen, welches völlig unbekannt für amerikanische Kunden ist, hier etwas übernommen und zu viele Schulden aufgenommen:
- 2 Milliarden für Budget-Fernsehhersteller Vizio (20% Marktanteil)
- 250 Millionen US-Dollar an Yahoo für Land im Silicon Valley (rund 200.000 qm)
- Top-Manager von Samsung und Google (CTO, CMO, CFO und HR)
- Über 500 Angestellte zu Firmengründung
Der Kauf von Vizio kam übrigens bis heute nicht zustande und es ging so weit, dass das amerikanische Unternehmen LeEco im letzten Jahr verklagt hat, da diese ihrem Abkommen nicht nachgekommen sind.
Glücklicherweise ist der Fall von Gizmodo.com dokumentiert worden und aus Gesprächen mit ehemaligen Mitarbeitern wird schnell klar, dass das Unternehmen seit Ankündigung zum scheitern verurteilt war.
Logischerweise wurden die gesetzten Verkaufsziele nicht erreicht und schon Wochen nach dem großen Event wurden bereits die ersten Mitarbeiter gefeuert. Auch Lohnzahlung verspäteten sich regelmäßig und das Management aus China, welches nicht gewillt war die Kontrolle an die angeheuerten Top-Manager abzugeben, versuchte stetig die übrig gebliebenen Mitarbeiter zu beschwichtigen.
[bs-quote quote=““The strategy seemed to be, if it worked in China, it will work here,”
“They (Chinese Management) were not the smartest people in the room.”“ style=“style-8″ align=“center“ color=“#1e73be“ author_name=“- Ehemalige LeEco USA Mitarbeiter“][/bs-quote]
Auch die hochkarätigen Top-Manager von erfolgreichen Firmen wie Samsung und Google verließen alle innerhalb von 5 Monaten das Unternehmen.
So wurde das Ende von LeEco USA eingeleitet und binnen eines halben Jahres wurden hunderte Millionen US-Dollar in den Sand gesetzt, ohne die Marke selbst zu etablieren oder eine ansprechende Nummer an Geräten zu verkaufen.
Wie steht es um LeEco heute?
Wie bereits der Aktienkurs zeigt, ist LeEco keineswegs das Imperium, welches es noch vor vier oder fünf Jahren war. Die Subunternehmen in der Film- oder Lebensmittelindustrie bleiben weiterhin stark verschuldet. Dennoch ist das Kerngeschäft, mit über 600 Millionen Nutzern, besonders für E-Commerce Unternehmen, die Werbung auf diesen Plattformen schalten wollen, interessant.
Genau aus diesem Grund erhielt LeEco rund 500 Millionen US-Dollar von den Industriegiganten Tencent und JD.com, welche auf Information und E-Commerce spezialisiert sind. Dies sicher zumindest den Kern der Marke und sorgt dafür, dass der Techgigant LeEco in China erhalten bleibt. Experten sind sich allerdings nicht sicher, welche Motivation hinter diesen Investitionen steckt. Es wäre allerdings nicht die erste Investition der Unternehmen, die politisch und nicht monetär motiviert ist.
Die deutlich höher verschuldeten Subunternehmen sind dadurch allerdings nicht gerettet. Es scheint allerdings einige Interessenten geben, die in die Filmsparte und anderen Businessbereichen von LeEco investieren wollen würden.
Wird es neue Smartphones von LeEco geben?
Die Smartphone-Division von LeEco ist spätestens mit dem Abgang des ehemaligen CEOs (Abulikemu Abulimiti) im September 2017 Geschichte. Es wird somit vorerst keine neuen Geräte aus der beliebten „Le-Reihe“ mehr geben.
Allerdings bleibt Fans das Unternehmen erhalten, wenn auch unter einer anderen Marke. Zusammen mit Coolpad, einer längst vergessenen Erfolgsgeschichte aus China, welche ehemals zu 30% von LeEco kontrolliert wurden, werden weitere Smartphones produziert.
Das Coolpad Cool 1 ist eine 1-zu-1-Kopie des LeEco Le 3. Das Cool 2 besitzt allerdings kaum eine Ähnlichkeit mit den Smartphones des Partners.
Ob diese Geräte, welche in China und Indien zu kaufen sein werden, wirklich den erhofften erfolgt versprechen, wage ich zu bezweifeln.
Die Ära LeEco ist allerdings somit für Smartphone-Fans offiziell zu Ende. Ein verdienter Tod beruhend auf zu großen Worten und starken Egos? Werdet ihr die Smartphones von LeEco vermissen?