Kugelschreiber, Schraubenzieher und smarte Klodeckel: von Xiaomi gibt es anscheinend mittlerweile Alles. China-Shops, die euch all diese Gadgets unter der Marke Xiaomi verkaufen, mogeln allerdings.
Gemeinsam haben diese Produkte, dass sie über die hauseigene Crowdfunding-Plattform Mijia finanziert wurden, aber weiterhin ihre eigene Marke tragen.
Besonders gute Produkte werden dann durch Xiaomis Ökosystem unterstützt und so wurden Marken wie Amazfit oder Yeelight zu einem Erfolg. In 2017 wurden auf der Plattform knapp 3 Milliarden US-Dollar umgesetzt.
So funktioniert’s: Mijia Crowdfunding Plattform
Unter youpin.mi.com (CN: 有品, Produkte) befindet sich die Mijia Plattform (CN: 米家商城, Mijia Einkaufszentrum) von Xiaomi. Auf den ersten Blick sieht diese wie ein gewöhnlicher Onlineshop in China aus. Scrollt der Kunde allerdings durch die Produkte, wird schnell klar, dass ein Großteil der Waren dem Crowdfunding-Prinzip folgt.
Dies ist keineswegs mit einer Kickstarter Kampagne zu vergleichen. Es handelt sich weiterhin um eine normale Shop- bzw. Produktseite, die mit einem erwarteten Lieferzeitpunkt, Anzahl an Unterstützern und den Gesamtwert des eingesammelten Geldes wirbt. Eine derartige Crowdfunding-Plattform, die mehr an cleveres Marketing für Vorverkäufe erinnert, ist Pflicht für jede E-Commerce Plattform in China.
Übrigens: Xiaomis Hauptkategorien (Smartphones, TVs, Gadgets) werden nicht über die Plattform finanziert.
Es handelt sich somit nicht um Privatpersonen oder kleine Startups, die ihre Produkte zum ersten Mal finanzieren und produzieren wollen, denn in fast allen Fällen stecken erfahrene Unternehmen hinter den einzelnen Kampagnen. Der Marketingeffekt und das gesammelte Feedback potentieller Kunden ist hier Ziel der Plattform.
Mittlerweile decken die Plattformen alle erdenkbaren Produktkategorien ab. Von E-Zigaretten, über Möbeln, bis hin zu Dekokrams ist alles dabei. Im Mittelpunkt steht natürlich die Smart Home und IoT (Internet of Things) Technologie.
Kann jeder ein Produkt auf der Plattform launchen?
Nein, es kann nicht jedes Produkt nach freiem Belieben auf der Plattform gelistet werden. Ein zuständiges Team evaluiert mögliche Produkte, gibt Feedback und Verbesserungsschläge und gibt dann erst, wenn die Ansprüche erfüllt sind, das Produkt frei.
Besonders gute Kampagnen und Marken profitieren anschließend von Xiaomis Ökosystem in dem sie ihr IoT-Produkt mit den Mijia Apps verbinden können. Ebenfalls wird die Logistik übernommen und in einigen Fällen gibt es Unterstützung bei Verpackung und weiteren Feldern, die Xiaomi bereits gemeistert hat.
Jene Diskussionen werden allerdings hinter verschlossenen Türen vorgenommen. Vermutlich werden Firmenanteile und eine eventuelle Investition (Beispiele aus der Vergangenheit: Yi, Huami) verhandelt, um das Produkt offiziell als eines von Xiaomi zu vermarkten und die Vorteile des Riesen aus China nutzen zu können.
Marketinglüge: Produkte sind nicht von Xiaomi
Nur wenige Marken schaffen es, eine direkte Kooperation mit Xiaomi einzugehen, die diese dann als das eigene Produkt verkaufen und vermarkten. Aus diesem Grund sind die Beschreibungen der China-Shops wie GearBest oder Aliexpress extremst irreführend.
Dies wird durch einen Blick auf chinesische Online-Shops wie JD.com deutlich, denn dort werden die meisten Produkte korrekt unter ihrer eigenen Marke geführt. Auch die Mijia Plattform macht dies mehr als deutlich, denn der Kundenservice muss von dem jeweiligen Unternehmen übernommen werden und Xiaomi greift hier nicht ein.
Dennoch werden gute Produkte in die Marke Mijia integriert und über mi.com verkauft. Als Beispiel gilt dieser Kochtopf oder ein Kissen der Marke H8. Nur wenn Xiaomi direkt die Finger im Spiel hat, handelt es sich um ein Produkt der Marke Mijia oder um eine Kooperation mit Mijia.
Die erfolgreichsten Crowdfunding Produkte
Die zwei erfolgreichsten Produkte könnten unterschiedlicher nicht sein. Jedoch haben beide über 6000% ihres eigentlichen Ziels erreicht – ein Wert, der für Kickstarter oder Indiegogo nahezu undenkbar ist.
Es handelt sich um schnelltrocknende Unterwäsche von Cottonsmith für Mann und Frau und ein Dysonähnlicher Staubsauger der bekannten Partnermarke Roidmi (CN:睿米). Cottonsmith wurde von 65.000 Nutzern vorbestellt, die zusammen über 5 Millionen Renminbi (±700.000€) ausgegeben haben. Rodmi auf der anderen Seite machte 12.000 Fans auf ihr neues Produkt aufmerksam, die insgesamt 18 Millionen Renminbi (±2.500.000€) zum Vorverkauf beigetragen haben.
Bisher konnte jedes Produkt, welches Xiaomi für die Mijia Plattform freigegeben hat, problemlos finanziert werden. Mittlerweile sind es über 100 Produkte aus jeglichen Kategorien.
Xiaomis Ökosystem wächst und wächst
Die Strategie des Publikumlieblings aus China ist genial. Die besseren Hersteller aus China werden durch Logistik, Design und Technik unterstützt und im Gegenzug werden Firmenanteile übergeben oder exklusive Verträge erstellt. Besonders gute Marken werden von Xiaomi durch eine Finanzspritze unterstützt. Das Unternehmen tätigte bisher 35 Direktinvestitionen in diverse Unternehmen.
Ein vollständige Liste der über 50 Unternehmen des Mi Ökosystems gibt es auf der Fanseite xiaomi-mi.com. Neben vielen bekannten Namen sind auch einige unbekannte und überraschende Kategorien zugegen.
Ein überragendes Businessmodell?
Besonders beeindruckend an Xiaomi ist die Art und Weise, wie sie ihr Imperium erschaffen haben. Gute Hersteller wurden besser gemacht und interessante Partner werden mit hochqualifizierten Mitarbeitern unterstützt. Das System klappt so gut, dass Yi und Huami bereits nach kurzer Zeit selbst über 1 Milliarden US-Dollar wert waren.
Abhängigkeit zum Mutterschiff, aber eine unabhängige Unternehmensführung der einzelnen Partner machen das Xiaomi Ökosystem und ihre Crowdfunding-Ambition so interessant. Absolut genial und ideal, um ambitionierte Startups mit guten Teams zu unterstützen.
Was haltet ihr von Xiaomis System? Sollten wir langsam alle Angst haben, dass sie keiner stoppen kann?