Chinas berüchtigste Internet-Sucht-Klinik schließt die Pforten

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Internet-Sucht ist in China nicht nur ein Nischen-Problem, sondern eine Epidemie, die sogar die Regierung erkannt hat. Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wurden hunderte Sucht-Kliniken eröffnet, in die Eltern ihre Kinder schickten, um sie von ihrer „Krankheit“ zu heilen.

Das lukrative Geschäft mit der Sucht hat allerdings auch seine Schattenseiten, denn das Internet-Sucht-Zentrum in Linyi wurde durch eine virale Geschichte aus dem Jahre 2016 über Misshandlungen und militärische Maßnahmen zum nationalen Skandal.

Seit kurzer Zeit soll das Zentrum allerdings geschlossen sein und es bleiben viele Fragen offen, wie China mit diesen „Sucht-Kasernen“ umgehen soll. Ein Fall aus der Anhui Provinz (安徽), in dem ein 18-Jähriger nur Tage nach seiner Ankunft im Suchtzentrum umgekommen ist, sorgte zwar für Gesetzesentwürfe, die Strafen wie Elektroschocks verbieten, aber der immer noch hohe Bedarf für diese Institutionen sorgt für ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Behörden und Unternehmen.

Die grotesken Maßnahmen der Linyi-Klinik wurden von einem ehemaligen „Patienten“, dem Weibo-Nutzer @未消逝的青春2015 in einem haarsträubenden und ausführlichen Essay erklärt (Chinesischer Originaltext). Dieser setzt sich nun aktiv dagegen ein, dass niemand ähnliche Erfahrungen machen muss. Er besuchte selbst seinen ehemaligen Folterort und bestätigte auf Weibo, dass die Räumlichkeiten nun endlich umgebaut und für andere Zwecke von dem anliegenden Krankenhaus genutzt werden.

Die geschlossenen Tore des 4. Linyi Krankenhaus. Der Ort der Folter vieler jungen „süchtigen“.

Der blinde Jurist Chen Guangcheng (陈光诚) versuchte schon seit mehreren Jahren gegen die Regierung in Linyi vorzugehen. Leider mit wenig Erfolg, denn korrupte Politiker und angeheuerte Schlägertrupps wurden genutzt, um Angst zu verbreiten und schafften es sogar, den Aktivisten für 8 Jahre hinter Gitter zu bringen.

Laut der Regierung sei das Zentrum seit 2016 geschlossen, aber es wird vermutet, dass der lukrative Zweig des Krankenhauses heimlich weiter geführt wurde. Grund für diese Annahme ist ein Video aus dem letzten Jahr, welches einen Jungen zeigt, der über 10 Minuten nach seiner Mutter schreit, während er im berüchtigten Raum Nummer 13 mit Elektroschocks „therapiert“ wird.

Erschreckend ist nun, dass auf Nachfrage des ehemaligen Patienten das Krankenhaus selbst behauptet, dass es ein solche Institution nie gegeben hat. Schlimmer noch, der ehemalige Chefarzt Yang Yongxin (杨永信) – ein Verfechter der Elektroschock-Therapie – behandelt bis heute noch Kranke in seiner Rolle als Psychiater.

Zwar fordert ein Artikel von letzter Woche veröffentlicht von Beijing News dazu auf, dass der ehemalige Chefarzt nicht nur für jeden misshandelnde Patienten aufkommt, sondern auch seine Lizenz verliert, aber ob dies wirklich geschehen wird? Auch @未消逝的青春2015 ist sich sicher, dass die Schlacht noch nicht geschlagen ist. Eltern müssen besser informiert und gebildet werden, damit solche Menschenverachtenden Methoden verbannt werden und erst recht niemanden reich machen können.

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