Elektroauto-Hersteller aus China: „Weltmeister“ Made in Germany

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Der Chinesische Elektroauto-Herstellers „Weltmeister“ (CN: 威马汽车, Wēi mǎ qìchē, wortwörtlich: Starkes Pferd Automobile) klingt auf den ersten Blick bizarr, aber das Konzept überzeugte Investments in Miliiardenhöhe.

Besonders interessant an der Marke ist, dass die Agentur Strichpunkt aus Stuttgart (und Berlin) mit dem Design der Marke beauftragt wurde und sogar einen Red Dot Design Award erzielen konnte.

Auch andere E-Auto Marken aus China werden mit deutscher und prominenter Beteiligung entwickelt.

Weltmeister und nicht Regionalliga?

WM Motors (WM Motor Technology Co., Ltd.) wurde vom ehemaligen Volvo China Vorstandsvorsitzenden Freeman Shen (CN: 沈晖, Chén Huī) gegründet und konnte in den ersten drei Jahren nach Gründung über 1,2 Milliarden US-Dollar einsammeln. Namenhafte Firmen wie Baidu und Tencent haben in Weltmeister investiert.

Besonders das vorgestellte Leasing Konzept schien die Investoren zu überzeugen. So soll ein Hybrid-konzept aus Uber und Tesla durchgesetzt werden. Käufer des Wagens können einen VIP-Pass bekommen, der es ihnen ermöglicht, dass Fahrzeug anderer Weltmeister Besitzer in einer anderen Stadt zu leasen. Gleichzeitig wird das eigene Auto Zuhause an andere Nutzer vermietet.

Die Vorstufe des Selbstfahrenden Autos mit einem Konzept, dass genau im Trend der, in China gehypten, „Sharing Economy“ liegt.

Angeblich in Massenproduktion in diesem Quartal: SUV ex5 von Weltmeister

Auch die technischen Spezifikationen des ersten Modells erscheinen vielversprechend. Der SUV ex5 soll angeblich bis zu 460km Reichweite besitzen und nur rund 20.000-28.000€ kosten – mit Subventionen der Regierung sind Preise ab 15.000€ möglich. Verdammt günstig, wenn bedacht wird, dass das Tesla Model 3 mindestens 35.000€ kostet. Insgesamt gibt es bereits über 10.000 Vorbestellungen in China.

Allerdings scheint es auch bei diesem Elektroauto-Hersteller Probleme geben. In diesem Quartal sollte eigentlich die Massenproduktion starten, doch anscheinend ging eines der Testfahrzeuge in Flammen auf. Laut Pressemitteilung sei der Grund eine unsachgemäße Demontage, die einen Kurzschluss hervorrief. Viele chinesische Kunden zweifeln allerdings an diesen Angaben, aber nur wenige haben ihre Vorbestellung zurückgezogen und sind weiterhin an der Marke interessiert.

Der offizielle Release-Termin ist noch nicht bekannt, aber die Produktionskapazitäten des ex5, der das Motto always on trägt und den Fahrer per Gesichtserkennung identifizieren soll, Beträgt angeblich 100.000 Fahrzeuge pro Jahr.

Auch Weltmeister will schnellstmöglich an die Börse und so heißt es nach Angaben des Unternehmens, dass eine IPO in China, Hong Kong und den USA in Frage kommen könnte.

Design von Strichpunkt aus Deutschland

Spannend ist allerdings, dass hier nicht das Fahrzeug, sondern das Design der Marke in Deutschland entworfen wird. Die Agentur Strichpunkt aus Stuttgart (und Berlin) entwickelt den Auftritt und Maskottchen „Ma Xiao Wei“ für den Autohersteller.

Der erste Kunde aus China konnte bereits 2017 gewonnen werden. Deli ist bekannt als Marke für hochwertigen Bürobedarf und Strichpunkt unterstütz die Marke bei der internationalen Expansion. Die Webpräsenz von Strichpunkt ist aus diesem Grund auch auf chinesisch berfügbar. Als Homophon für den Agenturnamen wird der chinesische Begriff für „Think Tank“ (CN: 思澎, Sī Pēng) verwendet.

Die neue Markenpräsentation von Weltmeister

Strichpunkt bietet viel Erfahrung in diesem Segment und arbeitete bereits mit Audi, Volkswagen und Porsche zusammen. Wie der Kontakt zu Weltmeister zustande gekommen ist, bleibt ein Rätsel, aber ist bei der nunmehr einjährigen Betreuung von Deli keine Überraschung.

Techkou hat bereits bei Strichpunkt angefragt und um Details gebeten, um die Partnerschaft über einer Distanz von 10.000km weiter zu beleuchten. Leider ist die sehr nette Konversation etwas im Sande verlaufen.

In nur zwölf Monaten intensiver Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland wurde das gesamte Konzept zum Leben erweckt. Im Mittelpunkt steht das Motto „Always On“ und demnach musste eine dynamische Identität entwickelt werden, die sich nahtlos in die digitale Welt eingliedert und die diversen Features des smarten Fahrzeugs klar und distinktiv widerspiegeln kann.

[bs-quote quote=“Es ist ein Logo, das in Bewegung ist. Interagiert. Lebt. Und bereit ist für alles, was noch kommt: Das Living Logo ist genauso Ausdruck einer künstlichen Intelligenz, die alles nahtlos vernetzt, als auch persönlicher Assistent eines mobilen Lebens.“ style=“style-22″ align=“center“][/bs-quote]

Genau dieser Satz wurde ernst genommen und alle Fans von modernen Design sollten sich das Konzept (und das zugehörige Corporate Design Net) ganz genau anschauen. Alle weiteren Elemente und Erklärungen findet ihr auf der Projektseite der Agentur und hoffentlich bald in einem Interview mit Techkou, welches etwas hinter die Kulissen blicken will.

Elektroauto-Start Ups in China hoch im Kurs

In China gibt es über 300 (!) Start-Ups in diesem Segment. Die meisten sind allerdings (noch) nicht ernst zu nehmen und bekommen kaum mediale Beachtung. Neben Weltmeister gibt es auch weitere Konkurrenten, die um Staatssubventionen und dem Mobilitätsmarkt der Zukunft buhlen. Das prominenteste Unternehmen ist NIO, welche mit 2,1 Mrd. US-Dollar nicht nur am meisten Geld eingesammelt haben, sondern auch prominente Größen aus der Automobilindustrie für sich gewinnen konnten.

Direkt dahinter steht BYTON aus Nanjing mit 700 Millionen US-Dollar, welches vom ehemaligen BMW-Baureihenleiter Carsten Breitfeld geleitet wird. Weniger auffällige Kontrahenten sind AIWAYS und Qoros.

NIO ES8 in Produktion
BYTON M-Byte Konzept

Die beiden großen Unternehmen wollen in 2018 ihre Autos auf den Markt bringen und befinden sich momentan in der Testphase. Aufgrund der geldhungrigen Natur bei der Entwicklung elektronischer Automobile, wollen alle Kontrahenten schnellstmöglich an die Börse, um weiteres Geld einzusammeln. Bisher ist dies nur NIO geglückt, welche allerdings nicht mit dem momentanen IPO-Ergebnis zufrieden sein können. NIO schluckte in 2018 bisher 532 Mio. US-Dollar bei einem Umsatz von nur 7 Millionen USD – dabei wurden nur eine Dutzend Fahrzeuge hergestellt und die Serienproduktion ist noch nicht gestartet.

Zum Vergleich: Bei Tesla wurde während der Produktion der Serie 3 im letzten Quartal $717 Mio. in Rot erwirtschaftet.

Die Quartalszahlen von BYTON sind nicht bekannt, aber spannenderweise wurde vor einigen Tagen eine Kooperation mit Bosch angekündigt. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine Kooperation, um autonomes Fahren weiter zu erforschen, sondern essentielle mechanische Teile zusammen zu entwickelt.

Nicht vergessen: BYD ist der größte Elektrofahrzeug-Hersteller der Welt

Währen der Hype um Tesla (oder Elon Musk?), Weltmeister, Byton, NIO und autonomen Fahrzeugen gigantisch ist, wird der eigentliche Marktführer nur selten genannt. BYD steht für Build Your Dreams und ist der erfolgreichste Hersteller elektrischer PKW. Zu Bestzeiten wurden über 0,5 Millionen PKW pro Jahr verkauft (355.000 in 2017).

16.000 Elektro-Busse in nur 6 Jahren

Hier in Shenzhen, wo das Unternehmen seinen Hauptsitz hat, stellt BYD fast alle Elektrobusse aus der 16.359 großen Flotte und sammelte hierfür ordentlich Subventionen ein. Bis zu 150.000$ pro Bus zahlte Chinas Regierung, um den kompletten Umstieg auf Elektro in nur wenigen Jahren zu bewältigen.

Gedankenexperiment! Das wären im besten Falle 2.453.850.000 US$

In den großen westlichen Märkten läuft die Expansion allerdings schleppend. Ein Lichtblick ist die Fabrik in Lancaster (Kalifornien) gewesen. Über 330$ Millionen Steuergelder und Subventionen wurden an das chinesische Unternehmen seit 2008 vergeben, nur um 2015 zu erfahren, als die ersten 5 Elektro-Busse aus der Fabrik rollten, dass diese keineswegs bereit für den Betrieb seien. Die versprochene Reichweite wurde um 66% unterschritten, Busse mussten sehr regelmäßig repariert werden und schafften es oft nicht über die Hügel des „Silicon Valley“ und wurden schlussendlich mit Panne am Straßenrand vorgefunden.

Die LA Times berichtet ausführlich (sehr lesenswert!), wie groß die Probleme, Korruption und „persönlichen Gefallen“ wirklich waren. Gleichzeitig sind Busse immer wieder durch Qualitätskontrollen gefallen und so scheinen die Steuergelder bis heute eine weniger gewinnbringende Investition.

Hohe Subventionen in China

Übrigens, bisher wurden elektronische Fahrzeuge jeglicher Art stark subventioniert. Bisher wurden durchschnittlich 8800€ von der Regierung bereitgestellt. Allerdings verändern sich diese Regeln ab 2019 stark. Abhängig von der Reichweite des Fahrzeuges, werden nun 2000€ bis 7800€ vom Fahrzeugpreis subventioniert. Fahrzeuge, die unter 150km Reichweite besitzen, werden nicht mehr subventioniert.

Anzahl registrierte Elektronische Fahrzeuge in China. (Quelle: EVVolumes.com)

Sicherheit chinesischer Fahrzeuge: Große Fortschritte

Chinesische Autohersteller konnten durch gezwungene Joint Ventures (min. 50% Beteiligung einer chinesischen Firma) viel von europäischen und amerikanischen Herstellern lernen. Wurden einst die Fahrzeuge aus China belächelt und verfehlten regelmäßig die Mindestanforderungen für Crash-Tests, können viele große Marken wie BYD, Geely oder Great Wall nun regelmäßig Ergebnisse über 80% Prozent in den eigenen Testverfahren verzeichnen.

Kleinere Marken aus China, die unverschämt günstige Fahrzeuge verkaufen, schneiden allerdings weiterhin oft desaströs ab und sind (noch) nicht so sicher wie die Großen.

Grund hierfür ist nicht nur der Technologietransfer von westlichen Unternehmen, sondern auch das übernehmen internationaler Richtlinien der NCAP (New Car Assessment Programme). China selbst stellt die C-NCAP, welche als profitorientiertes Business durch CARTARC (China Automotive Technology and Research Center) geführt wird und eigene Regeln nach dem europäischen Vorbild herausgibt. Dies wird oft kontrovers diskutiert und vielen fällt es schwer allen Ergebnissen zu vertrauen, da die europäischen Standards etwas strenger sind. Dennoch werden einige Ergebnisse auch in Australien oder Europa bestätigt. Insgesamt 420 Tests des C-NCAP können hier durchsucht werden.

Endlich verpflichten sich auch 12 Hersteller aus China ESC in allen Fahrzeugen zu verbauen, um bessere Sicherheitsstandards zu schaffen. Da für viele Marken auch eine globale Expansion in Frage kommt, ist dies definitiv ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung. Wann glaubt ihr, werden die ersten chinesischen Fahrzeuge in Deutschland ankommen? Hier in China ist die Automobilbranche lukrativer wie nirgends und deutsche Fahrzeuge sind (noch) die Nummer 1.

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