Chinesische Firmen haben ein großes Problem mit der Loyalität ihrer Mitarbeiter. Datensätze werden verkauft, interne Zahlen weiter gegeben und, in besonders schlimmen Fällen, gelangen die eigenen Kundendaten beim Konkurrenten. Dieses Problem hat mehrere Ursachen, aber es wird versucht dies durch besonders scharfe Kontrollmechanismen zu regulieren.
Genau in dieser Kategorie gibt es nun eine neue Masche, um Amazonbewertungen zu generieren. Wie das System genau funktioniert und was dies eventuell für eure Nutzerdaten bedeutet, will ich euch hier erklären.
Nichts bestellt, aber Amazon Paket erhalten?
In letzter Zeit kommt es häufiger vor, dass Kunden Pakete von Amazon erhalten, die sie nie bestellt haben. Komischerweise fällt dies besonders in Gruppen auf, die regelmäßig bei Chinashops oder chinesischen Händlern bei Amazon bestellen. Ob das ein Zufall ist?
Aufmerksam auf diese Fälle wurde ich über diverse Facebookgruppen für Amazonhändler, Chinabesteller oder E-zigaretten Dampfer. Aber auch dubiosere Seiten wie allmystery.de schaffen es auf die erste Seite der Google Suche. Diverse Gutefrage.net Themen aus den letzten Wochen zeigen ebenfalls, dass das Volumen der ungefragten Bestellungen erhöht wurde.
Viele werden sich nun denken: „Ist doch genial? Gratis Gadgets aus China!“. Leider wird dieses Gratisprodukt, welches alls zwischen einer Händyhülle oder einem Vibrator sein kann, gegen eure Daten eingetauscht – ganz ohne eure Kontrolle und Zustimmung.
Verschiedene Agenturen in China bieten diesen Service an, um Bewertungen zu generieren. Allerdings geschieht dies hinter geschlossenen Türen, sodass es sehr schwer ist, mit 100 prozentiger Sicherheit den Finger auf eines der Unternehmen zu zeigen. Wie dies genau funktioniert, ähnelt in gewisser Hinsicht dem Verfahren, welches ich in einem älteren Beitrag aufgedeckt habe.
Einige Kunden sind allerdings, wenn sie ein falsches Paket von Amazon bekommen, so ehrlich und schicken das Paket zurück zum Amazon Warenlager. Zur Freude des Händlers.
Eure Kundendaten gegen eine positive Bewertung
Amazon verschärft regelmäßig das Verfahren, um Bewertungen zu erhalten und zu vergeben. Da jede fünfte Bewertung auf der Plattform gefälscht sein soll, muss einiges passieren, damit Amazon nicht ins Ziel der Medienaufmerksam wird.
Aus diesem Grund wurde das Amazon early-reviewer Programm erstellt, welches Verkäufern gegen eine Gebühr von 60$ genau fünf Bewertung für das eigene Produkt generiert. Dieses ist allerdings eher für neue Produkte gedacht und nur auf der amerikanischen Webseite der Verkaufsplattform weit ausgebreitet.
Gleichzeitig sind auch Händler aus Fernost und Servicediensleister rund um Amazon kreativ unterwegs und denken sich immer neue Methoden aus, um zu tricksen.
Wie bekommen Händler nun Bewertungen und Käufe generiert, um das Ranking des eigenen Produktes nach vorne zu pushen ohne dabei „direkt“ gegen Amazons Richtlinien zu verstoßen oder offensichtliche Fakeaccounts zu erstellen? Bei FBA Produkten (Fullfillment-by-Amazon oder auch Prime) sind bisherige Methoden besonders schwierig anwendbar, da das Produkt bei Amazon gelagert und durch sie verschickt wird.
Das neuartige Verfahren für FBA-Produkte, dass zu vielen ungewollten Sendungen führt, sieht nun wie folgt aus:
- Kundendaten von einem Shop/Verkäufer kaufen oder stehlen
- Neuen Amazonaccount mit diesen (EUREN!) Daten über eine VPN-Verbindung erstellen
- Produkt kaufen, das eine Bewertung bekommen soll (ggf. mit Gutschein)
- Amazon versendet das Produkt korrekt an die gestohlenen Daten
- Das Amazonsystem bestätigt erfolgreiche Zustellung und Abwicklung
- Der Fake-Account bewertet das gewünschte Produkt
- Das Produkt des chinesischen Händlers steigt im Ranking
Zugegeben, der Händler bezahlt hier sowohl Amazongebühren, als auch die Produktkosten. Bei einer Displayschutzfolie (besonders für neue Geräte wie das iPhone X), die hier in China für unter 0,05€ gekauft werden kann, rechnet sich dies allerdings deutlich. Schließlich werden hier zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Positives (verifiziertes) Käuferreview und erfolgreicher Kauf. So steigt das Produkt auch langsam im Ranking auf. Schickt der ehrliche und überraschte Kunde das Paket zurück, spart der Händler sogar noch mehr.
Auch Produkte, die nicht mehr laufen, können so aus dem Amazonlager entfernt werden. Es werden die teuren Gebühren gespart, die Amazon für langfristige Lagerung erhebt. Oft deutlich günstiger und einfacher als der Rückversand nach China.
Hier das offizielle Feedback eines Amazon Kunden im oben genannten Forum:
„Soeben rief mich ein Mitarbeiter von Amazon an. Auch wenn er ebenfalls nicht viel Genaueres aus Datenschutzgründen sagen konnte, so konnte er zumindest die wichtigsten Fragen aufklären und mich auch teilweise beruhigen:
Da hat jemand nicht nur ein, sondern sogar zwei(!) Konten mit meinem Namen und meinen Adressdaten eröffnet und darüber insgesamt sechs Bestellungen ausgelöst. Auffällig dabei, dass alle bestellten Artikel von einem einzigen Marketplace-Händler in Guangdong/China kommen!
Alle Bestellungen wurden mit Geschenkgutscheinen bezahlt, es wurde also nicht meine Kreditkarte missbraucht, der Angriffsversuch darauf steht also vermutlich nicht in Zusammenhang.
Der vermutete Hintergrund: der Verkäufer hat irgendwie meine Adressdaten (Adresshändler o.ä.) sich beschafft, mit diesen Daten, aber seiner eigenen Mailadresse mehrere Konten eröffnet und dann bei sich selbst diversen Kleinkram bestellt. Ziel ist es dabei, sich dann für diese Bestellungen selbst positive Bewertungen zu schreiben, um so den Wert des Verkäuferkontos hochzutreiben, gelegentlich wird dies wohl gemacht, um eine spätere Betrugsgeschichte vorzubereiten. Also ähnlich, wie bei ebay, wo ja auch ab und an viele Transaktionen mit Kleinbeträgen generiert und positiv abgewickelt werden, um die Verkäuferbewertung hoch zu pushen, um dann anschliessend betrügerisch hochpreisige Dinge zu verkaufen, aber nie zu liefern…
Jedenfalls kann ich noch drei Kleinigkeiten erwarten, brauche mich nicht um Rücksendung zu kümmern, da die Sachen ja schon bezahlt wurden, Amazon schliesst die Fake-Konten und wird den Händler überprüfen, ob er die Masche auch an anderer Stelle durchzieht.“
Fake-Sendung erhalten: Was kann ich tun?
Solltet ihr auch zu den „glücklichen“ gehören, die eine solche Bestellung bekommen haben, bedeutet dies vor allem eines: Eure Daten zirkulieren bei diversen China-Shops und Händlern.
Demnach solltet ihr unbedingt Amazon kontaktieren, sodass zumindest diese Accounts gelöscht werden. Möglicherweise führt dies dazu, dass eure Adressdaten auch aus den chinesischen Datenbanken gelöscht werden, da diese nicht mehr als „sicher gelten“.
Sollte Amazon keine Investigation starten, seid ihr hier leider absolut machtlos!
Ob ihr das Produkt zu Amazon zurückschickt, bleibt euch überlassen. Ich vermute, dass die meisten daran kein großes Interesse haben. Allerdings könnte dies Amazon helfen, um die entsprechenden Accounts und eventuell Händler zu bestrafen.
Ein offizielles Feedback bleibt abzuwarten . Ich habe Amazon mal kontaktiert, aber rechne – als kleine Randgruppenseite – leider nicht mit einer Antwort. Teilt den Artikel mit so vielen Leuten wie möglich, um vielleicht etwas mehr aufsehen zu generieren!
Falls ihr von diesen Fällen betroffen seid, dann meldet euch unbedingt in den Kommentaren mit weiteren Details!