Amazon haftet für Steuerhinterzieher: GearBest und Co. die Gewinner?

Update (06.08.2018)  

Bis jetzt hat die deutsche Regierung bei dem Thema durch Zurückhaltung geglänzt, doch nun soll es unter Finanzminister Scholz (SPD) ganz schnell gehen. Ähnlich zu den EU Maßnahmen, die ab 2021 gelten sollen, wurde jetzt ein Gesetzesentwurf vorgestellt.

Dieser soll auf ähnliche Art und Weise wirken, aber schon 2019 in Kraft treten. Allein in Deutschland sollen so für den Staat Mehreinnahmen von ca 500.000.000 (500 mio.) € erwirtschaftet werden. Die betroffenen Plattformen, allen voran eBay und Amazon, kritisieren dabei (zurecht), dass nationale Alleingänge deutlich mehr Aufwand sind. Außerdem könnte eine zersplitterte rechtliche Lage innerhalb Europas zu weiteren Schlupflöchern für die Steuerbetrüger führen.

Andererseits ist es notwendig, die Plattformen, insbesondere jedoch die (meist chinesischen) Firmen zur Rechenschaft zu ziehen, und die bloße Ankündigung zeigt bereits Wirkung. Im gesamten letzten Jahr haben sich gut 400 chinesische Unternehmen eine deutsche Umsatzsteuernummer geholt, zur Zeit sind es jede Woche so viele.

Es wird sich zeigen, ob diese auch korrekt genutzt wird, ein erster Schritt in die richtige Richtung ist es in jedem Fall.


Ich habe bereits vor einiger Zeit berichtet, dass diverse chinesische Händler gesperrt und Waren beschlagnahmt wurden. Viele deutsche Händler forderten die Politik dazu auf, endlich zu reagieren. Wie zu erwarten ist nun genau das eingetroffen, was in England bereits ordentlich funktioniert.

Ab dem 01.01.2019 haftet Amazon für Steuersünder auf ihrer Plattform und dem Marketplace! Ab 2021 muss Amazon die Steuern selbst einziehen und abführen. 

So sollen ausländischen Händlern, die dem Fiskus kein Geld einbringen, das Handwerk gelegt werden. So sollen bis zu 1.000.000.000€ (eine Milliarden Euro), die bisher hinterzogen wurden, eingenommen werden.

Was bedeutet das neue Gesetz?

Große Marken wie Anker bleiben, da sie konform in der EU handeln, ohne Konsequenzen. Wahrscheinlich werden auch die Steuerhinterzieher von OnePlus, die es nicht schaffen eine Rechnung mit Mehrwertsteuer auszustellen, bis 2021 nicht im Visier von Amazon sein.

Allerdings besagt das Gesetz, welches am 1.1.2019 in Kraft tritt, nur, dass Amazon nachweisen muss, dass eine Umsatzsteuer vorhanden ist. Sollte ein Händler diese nicht angeben (können), wird der Marktplatz diesen sehr wahrscheinlich direkt ausschließen. Für neue Händler wird es dann Pflicht sein, diese Nummer anzugeben, bevor Waren in eines der Warenhäuser geschickt werden, um die Risiken zu minimieren.

[bs-quote quote=“In den nächsten Jahren werden hunderttausende neue China-Händler auf den Markt strömen. Wir befinden uns erst in der Anfangsphase. “ style=“style-21″ align=“center“][/bs-quote]

Aber hält dies wirklich den Händler davon ab keine Steuern zu bezahlen? Nicht unbedingt, denn das Finanzamt kann nicht alles mitbekommen. Taktiken, die ich bereits beschrieben habe, die regelmäßigen Firmenwechsel bei bevorstehenden Jahresabschlüssen beinhalten, werden wahrscheinlich häufiger. Haftet Amazon in diesen Fällen nachträglich?

Ein Händler aus China, der 10.000km weit entfernt sitzt, scheint hier immer noch genug Spielraum zu haben, um den Rechtsrahmen zu umgehen – lediglich mehr Raffinesse und Bürokratie sind involviert. Solange die Regulierung nicht in der ganzen Europäischen Union gilt, sehe ich hier noch keine große Veränderung.

Marktplätze müssen Steuern ab 2021 selbst eintreiben

Erst wenn die EU-Weite Regulierung in drei Jahren in Kraft tritt, werden sich die Verhältnisse drastisch ändern. Dann muss Amazon selbst die Mehrwertsteuer einbehalten und an den Staat abgeben. Ich frage mich mal, wie dies technisch umgesetzt werden wird, aber sehe hier die größte Chance, um Steuerbetrügern zu entgehen.

Es sollte aller bedacht werden, dass der Gesetzestext klar angibt, dass dies (anscheinend) nur für Sendungen aus Drittländern gilt. Wie die FBA-Warenhäuser, die eure Prime-Pakete beherbergen, dies handhaben, bleibt wohl noch offen.

Tendenz steigend: Amazon vereinfacht es ungemein Internationalen Handel zu betreiben!

Die lange Zeit bis zur Umsetzung gibt allerdings nicht nur Amazon, sondern auch den mogelnden Händlern, genug Zeit, um sich vorzubereiten.

Deutsche Händler fürchten allerdings, dass die Amazongebühren, die ohnehin für den Versand durch Amazon an der Marge kratzen, nun erhöht werden. Eine Gegenmaßnahme, die vielen Händlern schaden könnte.

China-Shops wie GearBest und Aliexpress die Gewinner?

Obwohl die Politik zurecht auf die Umsatzstärksten Marktplätze schaut, sehe ich Chinahändler als Gewinner an. Diese schaffen es immer noch Problemlos Ware in die EU einzuführen, ohne Steuern zu bezahlen. Dies soll sich zwar laut unserem Exklusiv-Interview mit GearBest ändern, aber stellt momentan einen gigantischen Wettbewerbsvorteil dar.

Gerade, wenn diese Shops Marktplätze aufbauen, könnten sie durch die neuen EU-Gesetze ein Teil des Amazonkuchens – der gleich mehrere Milliarden Euro darstellen könnte – stehlen. Händler, die nicht mehr kompetitiv auf Amazon agieren können, weichen dann auf China-Shops aus. Die meisten Marken sind horizontal bereits sehr gut aufgestellt.

So muss die Politik wieder agieren, um dann abermals Lücken im System zu hinterlassen. So werden meiner Meinung nach weiterhin nur Symptome bekämpft, ohne die eigentliche Krankheit zu heilen – typisch Politik oder ein Kampf gegen Windmühlen?

Meine 4 besten Lösungsansätze habe ich bereits vorgestellt. Welchen findet ihr am sinnvollsten für eine faire Welt der Globalisierung?

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