Ein kleines Rätsel zu Beginn. Wie heißt die Firma, die auf Platz 4 der weltweit verkauften Handys ist, Marktführer auf einem ganzen Kontinent ist und einige Ihrer Smartphones in Äthiopien bauen lässt? Falls du die Antwort weißt, herzlichen Glückwunsch, du kennst dich sehr gut mit den afrikanischen Smartphonemarkt aus und weißt vermutlich schon worum es hier geht.
Für die anderen 99% unserer Leser, die Lösung heißt „Transsion Holding“ (Chinesisch: 传音控股) und ist ein Gigant, der jedoch weder in seinem Heimatland China noch im Westen bekannt ist. Doch das sollte sich schnellstens Ändern, da eine sehr interessante Geschichte hinter der Firma steckt. In wenigen Minuten werdet Ihr zu den wenigen gehören, die Wissen wie Transsion von einem schwachen Markt profitieren konnte und wieso diese Firma zu den wenigen Smartphoneproduzenten gehört, die eine goldene Zukunft vor sich haben. Beginnen wir zuerst mit einer kurzen Geschichtsstunde:
Von China nach Afrika – der Aufstieg von Transsion
Die Transsion Holding besteht schon seit 2006 und hat in den letzten 12 Jahren unzählige Firmen gegründet, die für die vielen verschiedenen Märkte Feature Phones, Smartphones und vieles mehr verkauft. Doch zu den einzelnen Firmen später, erst einmal sollten wir klären, wie Transsion es geschafft hat, so groß zu werden.
In den ersten zwei Jahren wurde noch versucht, sich mit den unzähligen kleinen Handy Herstellern weltweit zu messen und um Marktanteile in Ländern wie China zu erkämpfen. Doch diese Strategie war nur mäßig erfolgreich und die Firma wäre mittlerweile vermutlich untergegangen und wir hätten nie von Ihr gehört. Der große Unterschied machte jedoch der Launch des ersten Dual Sim Handys unter der Marke TECNO in Afrika in 2007. Dieser wurde zu solch einem Erfolg, dass sich nur wenige Monate später komplett auf den afrikanische Markt konzentriert wurde, und damit der Heimatmarkt China aufgegeben wurde.
Schon 2010, nur zwei Jahre nach dem Marktstart in Afrika, konnte TECNO sich den Platz 3 der best verkaufenden Firmen in Afrika zu erkämpfen und spielte damit in einer Liga mit globalen Giganten wie Nokia. Doch damit war Transsion noch lange nicht am Ziel, die Erfolgsgeschichte fing damit erst an.
Ein Jahr später wurde eine Fabrik in Äthiopien eröffnet, in der seit dem Smartphones gebaut werden, die direkt für den lokalen Markt entwickelt werden. Transsion selbst nennt diese Strategie „Glocal“, ein Mix aus Global und Local. Passend dazu gab es auch Kooperationen mit globalen Playern wie Opera, Facebook und Google, mit denen jeweils Telefone herausgebracht wurden. Seit 2012 gibt es neben den Feature Phones auch Smartphones von Transsion, die die Firma mittlerweile zu einer der beliebtesten in vielen Ländern Afrikas machten.
2017 war es dann soweit, keine Marke hatte einen höheren Marktanteil in ganz Afrika als die Transsion Firmen. Doch das dominieren des Kontinents war da schon Lange nicht mehr das einzige Ziel der aufstrebenden Firma, seit Jahren wurden die Fühler nach Indien, den mittleren Osten und das gesamte südliche Asien ausgestreckt. Genau auf diesen Märkten soll in der nahen Zukunft auch der Fokus liegen, da diese Märkte noch ein gigantisches Wachstumspotenzial haben. Transsion sieht sich also sehr gut für die Zukunft aufgestellt, doch wie war dieser unglaubliche Erfolg überhaupt möglich?
Das Erfolgsgeheimnis
Der afrikanische Markt, vor allem in der Subsahara, war und ist dadurch geprägt, dass die Kunden dort möglichst günstige und haltbare Geräte wollten. Teure Flaggschiffe sind ebenso unattraktiv wie zerbrechliche dünne Smartphones. Das führte dazu, dass die bekannten Hersteller schlicht die falschen Geräte im Angebot hatten und diese auch dementsprechend unbeliebt waren. Eigens für den afrikanischen Markt konzipierte Handys zu entwickeln sah jedoch nicht gerade lukrativ aus, wodurch der Markt von Firmen wie Samsung, Apple & co. großteils ignoriert wurde.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die schlechte Infrastruktur, die die Anforderungen an Handys massiv verändern und ein weiteres Hindernis für international erfolgreiche Smartphones darstellte. Zum einen gibt es häufig keinen Mobilfunkanbieter der ein ganzes Land abdecken kann, ganz zu schweigen davon, dass die Verbindung oft wegbricht. In diesem Fall braucht es eben mehrere Simkarten, um das bestmögliche Netz zu bekommen. Zusätzlich kommt es öfters zu Stromausfällen, weshalb die Akkulaufzeit möglichst lang sein sollte.
Insgesamt gibt sich so das Bild eines äußerst unattraktiven Markts für große Hersteller. Eine niedrige Kaufkraft, schlechte Infrastruktur und spezielle Anforderungen der Kunden an die Geräte führte dazu, dass sich Handys in Afrika nur langsam verbreiten konnten. Jedoch gibt genau das auch wieder eine Möglichkeit für andere Hersteller diese „Nische“ zu besetzen und Transsion hat genau das getan.
Mit kuriosen Erfindungen wie dem TECNO 4Runner, ein Feature Phone mit 4 Sim Slots und starken Akkus gelang den Chinesen das, was die großen Hersteller nicht geschafft haben. Den Markt zu erobern, der immerhin über eine Milliarden potenzielle Kunden hat. Logischerweise wurde genau darauf geachtet, die Ansprüche der Kunden zu erfüllen. Statt neuen Features und Designs gab es so beispielsweise das angeblich erste Smartphone mit 2 Tagen Akkulaufzeit von Transsion. Selbstverständlich wurden diese auch sehr günstig verkauft, bei 10$ fangen die günstigsten Feature Phones an, der Durchschnittspreis der Smartphones liegt bei nur 100$. Zum Vergleich, in Deutschland kostete ein neues Smartphone laut Bitkom Research im Schnitt 352€.
Doch was genau verkauft Transsion denn nun? Und unter welchem Label? Dafür habe ich euch eine kleine Übersicht gebastelt, die etwas Licht ins Dunkel bringen sollte.
Firmen
Um dieses Firmenkomplex ein wenig zu erklären beginnen wir mit den Handyfirmen.
- Tecno hat den Grundstein gelegt und ist mittlerweile der Premiumhersteller von Transsion, sozusagen das Aushängeschild für den afrikanischen Markt.
- Itel ist für die günstigsten Smartphones verantwortlich, die sich entweder auf Selfies, Akku oder den Preis konzentrieren.
- Spice wurde für den indischen Markt gegründet und versorgt den Markt mit günstigen Feature Phones und Einsteigersmartphones.
- Infinix ist die Marke für Smartphones, die es auch weltweit mit der Konkurrenz aufnehmen kann. So gibt es beispielsweise Android One Smartphones und halbwegs moderne Features. Ein echtes Flaggschiff sucht man jedoch vergebens.
Die drei weiteren, wichtigen Unternehmen der Holding sind
- Syinix, die von Kühlschränken über Fernseher bis hin zu Klimaanlagen alles für die Heimelektronik im Angebot haben.
- Oraimo bietet Gagdets rund ums Smartphone an. Powerbars, Kabel und Kopfhörer aus dem Hause Transsion werden unter der Marke Oraimo verkauft.
- CarlCare ist der Serviceanbieter für all diese Marken. Für Reparaturen, Garantiefälle und Ersatzteile gibt es über 2100 Service Center weltweit, hauptsächlich jedoch in afrikanischen Ländern.
Jetzt wisst Ihr einiges mehr über den 4 größten Handyhersteller weltweit (nach Stückzahlen), hoffentlich war es ein interessanter Einblick in einen nahezu unbekannten Teil der Smartphonewelt. Kanntet Ihr vorher schon eine der Marken? Wollt Ihr noch mehr über eine der vorgestellten Firmen wissen? Schreibt es in die Kommentare, ich bin sehr gespannt auf eure Meinungen zu dem Thema.
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