Rund 150 Millionen Pakete werden jährlich ohne bezahlte Mehrwertsteuer in die EU importiert, dadurch entgeht den Staaten eine Menge Geld, chinesische Händler deklarieren nahezu jede Bestellung falsch und bekommen gegenüber heimischen Händlern einen ungerechten Vorteil.
„Höchste Zeit diese Probleme zu beseitigen!“ Das dachte sich wohl die europäische Kommission, die beschlossen hat, dass Sie die bisher angewendete Umsatzsteuerfreigrenze für Kleinimporte schon bald abschaffen wird. Doch können damit wirklich die großen Probleme angegangen werden oder handelt es sich doch nur um eine wirkungslose Scheinlösung? Tauchen wir ein bisschen tiefer in die Materie ein, um diese Frage zu lösen.
Muss jetzt alles zum Zoll? Nicht unbedingt.
Zum Einstieg beginnen wir einmal mit all den Regelungen, die bisher jeweils von der EU und Deutschland aufgestellt wurden, um danach zu analysieren was sich ändern wird, und welche Auswirkungen das auf die Bestellungen aus China haben wird.
Die 22€ Regelung: Europäische Freigrenze gegen die Bürokratie
Bis jetzt gibt es die europaweite Regelung, Pakete bis zu einem Wert von bis zu 22€ (Warenwert und Versand zusammen) von der Mehrwertsteuer zu befreien, um einen gigantischen bürokratischen Aufwand zu verhindern.
Denn bei diesen Paketen nehmen die Zollämter nur wenige Cent bis Euro ein, die Bearbeitung der über 150 Millionen Pakete ist jedoch ein enormer finanzieller Aufwand. So weit so logisch, jedoch haben die einzelnen Mitgliedsstaaten noch zusätzliche Regelungen aufgestellt. So zum Beispiel auch Deutschland, welches für uns logischerweise am interessantesten sind.
Auch jetzt gibt es bereits Stichproben, bei denen der Zoll eine Rechnung verlangt (PayPal-Auszug reicht hier aus) und die Realpreise auf Amazon oder gar Aliexpress und Gearbest überprüft, um diese dann anständig zu versteuern. DHL Express ist hier bereits etwas weiter und dort wird in fast allen Fällen eine Rechnung angefordert, wenn die Verzollung durch das Unternehmen durchgeführt wird. Erst dann darf das Paket Frankfurt verlassen.
26,30 bis 45€ Freigrenze: Die deutschen Importregeln
Der deutsche Zoll verzichtet generell auf Einnahmen unter 5€, da es sich finanziell nicht lohnen würde, außerdem sollen die Bürger nicht wegen jeder kleinen Bestellung ins Zollamt kommen müssen. Dadurch ergibt sich jedoch eine effektive Wertgrenze von rund 26,30€, die also ein gutes Stückchen über der europäischen liegt. Dadurch wird die europäische Regelung in der Praxis in Deutschland nicht angewendet, da die nationale Regelung darüber hinaus geht.
Noch weiter geht jedoch die Regelung zum privaten Gebrauch, die dafür geschaffen wurde, damit Ihr beispielsweise Geschenke oder Pakete von Freunden aus China erhalten könnt, ohne den Inhalt versteuern zu müssen. Diese Grenze liegt bei 45€ und ist der Grund, weshalb viele Sendungen als „Geschenk“ verschickt werden.
So kann es möglich sein, dass eine Bestellung für 200€ mit nur 45€ angegeben wird und als Geschenk deklariert direkt bei euch ankommt, ohne dass Ihr zum Zoll müsst oder für den Import zahlen müsst. Praktisch für die China Shops ist dabei auch, dass Geschenke selbstverständlich keine Rechnung hat, und so die Behörden möglicherweise nicht alarmiert werden. Theoretisch schauen die Zollbeamten in Deutschland auch Stichprobenweise in die Pakete und erkennen, dass es sich um eine Bestellung und kein Geschenk handelt. Doch durch die hohe Belastung passiert das in der Realität nur bedingt.
Ab 2021 wird jeder Cent wird besteuert – theoretisch
Jedoch hat die europäische Kommission nun beschlossen, die 22€ Grenze aufheben zu wollen, da diese häufig Missbraucht wird. Das sollte euch selbst auch schon aufgefallen sein, wenn Ihr bei Aliexpress, Banggood und Konsorten bestellt habt und einen Blick auf den Zollaufkleber geworfen habt. Normalerweise deklarieren die Chinesen alle Bestellungen mit einem Wert, der nur einem Bruchteil des tatsächlichen Preises entspricht. So wird überhaupt nicht versteuert und das Paket wird euch direkt nach Hause geliefert. Toll für den Kunden, jedoch ein echtes Problem für Staat und die innereuropäischen Unternehmen.
Deshalb soll europaweit ab 2021 jedes Päckchen, egal welchen Wertes, versteuert werden. Um euch zu zeigen, ob die Maßnahme sinnvoll ist, habe ich euch die Vor- und Nachteile zur Übersicht einmal gegenüber gestellt.
Vorteile
- Fairerer Wettbewerb
- Höhere Steuereinnahmen
Nachteile
- Enorme Bürokratie
- Eventuell Verlustgeschäft
- Größerer Aufwand für Kunden
- Kaum wirksam
- Zusätzliche Belastung für Zoll und DHL
Ein unbestreitbarer Vorteil ist der etwas fairere Wettbewerb bei günstigen Produkten, auch wenn das nur eingeschränkt gilt. Denn wenn der angegebene Wert nur 30% des tatsächlichen Preises ist, bezahlt der Kunde natürlich nur 30% der theoretisch fälligen Einfuhrumsatzsteuer. Eine wirkliche Gleichstellung von innereuropäischen Unternehmen und der Konkurrenz aus den USA, China & co. wäre erst gegeben, wenn zusätzlich die betrügerische Deklaration beendet werden könnte.
Dieses Problem wird jedoch nicht angegangen, und so werden chinesische Händler auch in Zukunft falsch deklarieren um dem Kunden Mehrausgaben zu ersparen. Die Steuereinnahmen dürften wohl komplett von dem zusätzlichen Arbeitsaufwand aufgefressen werden, so dass die Staaten am Ende eventuell für die neue Versteuerung draufzahlen müssen.
Soweit die Theorie, doch was ändert sich denn nun in Zukunft bei Bestellungen aus China und kann das Ganze wirklich so durchgesetzt werden?
Entwarnung für Germany Express – Wish, Aliexpress und co. mit Problemen
Erst einmal die Entwarnung für alle Nutzer von Germany Express und ähnlichen Versandarten. Der Schmuggel in die EU wird durch diese Regelung nicht beeinflusst, da die Waren nie beim deutschen Zoll landen. Wie genau der Import bei Gearbest funktioniert, hat mein Kollege Maxi hier genau erklärt.
Gearbest fein raus: „Tricksereien“ gehen weiter?
Also sind alle bisherigen Versandarten, die am Zoll vorbei schmuggeln fein heraus. Bleiben noch DHL Express und die Schneckenpost als wichtige Versandarten. Im besten Fall gibt es überhaupt keine Veränderungen, das wäre der Fall, wenn Deutschland die bisherigen 26,90€ und 45€ Freigrenzen beibehält. Dann müssten Pakete zwar nach EU Recht verzollt werden, das würde aber wieder entfallen, da es (angeblich) weiterhin entweder Geschenke oder geringwertige Waren wären. Sollte Deutschland aber auch sein nationales Recht an die EU Vorgaben anpassen, was sehr wahrscheinlich ist, ändert sich für die beiden anderen Bestelloptionen einiges.
DHL Express – Gleicher Komfort aber höhere Kosten
Werfen wir als erstes einen Blick auf Bestellungen mit DHL Express, welches normalerweise dann genutzt wird, wenn es schnell gehen muss oder wertvolle Ware aus China bestellt wurde. DHL verzollt unabhängig von den Zollbehörden, hier werden nur ab 2021 für jedes Päckchen zusätzliche Kosten anfallen. Die Bestellung wird trotzdem wie gewohnt bis an die Haustür geliefert und die Einfuhrumsatzsteuer wird entweder direkt an dieser oder per Rechnung bezahlt.
China-Standardversand am Ende?
Doch wie steht es um die normalen Bestellungen per Schneckenpost, die einen Großteil der betroffenen, günstigen Lieferungen ausmachen, aus? Kurz gesagt, nicht gut. Der Standardversand wird meist bei kleineren Bestellungen verwendet und vor allem dann, wenn „Hauptsache günstig“ das Motto ist. Doch genau diese Bestellungen werden alle beim Zollamt landen, zu diesem dann der Kunde hinfahren muss. Wenn die bestellte Ware EU-Konform ist (bei Technik oft ein großes Problem) kann bezahlt werden. Falls nicht, können die Beamten die Herausgabe verweigern und die Ware entweder vernichten oder nach China zurückschicken.
In jedem Fall also ein zusätzlicher Aufwand für die Kunden, zusammen mit einem Risiko, die Bestellung nie zu erhalten. Da wird sich jeder genau überlegen, ob er wirklich bei Shops wie Aliexpress und Wish bestellen soll, oder doch lieber auf europäische Alternativen setzt. Ein Super-GAU für die chinesischen Plattformen, aber eine massive Hilfe für europäischen Firmen. Diese werden durch die neuen Regeln zwar definitiv geschützt, jedoch nicht über eine Chancengleichheit am Markt, sondern eine theoretische Benachteiligung der chinesischen Händler.
Ob auch Plattformen wie Aliexpress in Zukunft Versandarten einführen werden, die am Zoll vorbei importieren und wie sich in den kommenden Jahren der Markt verändern wird, ist höchst spannend und bleibt uns allen ein Rätsel. Sobald es Neuigkeiten dazu gibt, werden wir selbstverständlich darüber berichten!
Was haltet Ihr von der geplanten Abschaffung der Freigrenze? Sinnvoll oder ein Bürokratiemonster ohne großen Effekt? Lasst uns in den Kommentaren diskutieren!
Problem gibt es jetzt schon dass bestellte Sachen nicht beim konnte kommen. Auch wenn nicht bezahlt ist kommt trotzdem Rechnung zum bezahlen. Alles über Inkasso Büro. Zoll Beamten sind glaube ich nicht recht durch See wenn die sagen dass ein Handy verboten ware ist. Was macht dan fast jeder Mensch in Deutschland mit ein Handy, weil die anscheinend verboten ist.
Ich denke nicht, dass sich etwas ändern wird. Wäre zu viel Aufwand bzw. müssten einige Tausend Stellen beim Zoll geschaffen werden. In Österreich zahlt man übrigens bei jeder „Verzollung/Versteuerung“ ca. 10€ an die staatliche Post.
Wie kommt ihr auf 26,90 €???
Bei einem Betrag von 26,30 € komme ich auf eine Einfuhrumsatzsteuer von etwas unter 5 €, welche damit nicht eingezogen wird. Bei 26,90 € liegt man jedoch über dieser Grenze und muss somit auf den kompletten Betrag Einfuhrumsatzsteuer zahlen. Habt ihr euch da verrechnet?
Absolut korrekt, wurde editiert! Danke für den Hinweis
Hi,
ich finde Dropshipping ein sehr interessantes Modell, um sich mit kaum Kapitalrisiko ein 2. Standbein aufbauen zu können. Jedoch sollte man hier immer up-to-date sein – wie auch in diesem Bericht geschrieben.
Leider ist die Problematik mit Asiatischen Händlern allgegenwärtig – zu lange Lieferzeiten, Probleme mit dem Zoll, „asiatische“ Qualität, …
Hier habe ich letzte Woche eine sehr interessante Alternative und auch Abkürzung gefunden! 100 Deutsche und Österreichische Dropshipping Händler –> http://www.dropshippingboss.de
Viel Spaß beim Ausprobieren und bei der Abkürzung 😉