Seit Jahren schwindet die Anzahl der bekannten und relevanten Händler aus China immer weiter, und viele ehemals große Shops verschwinden in der Bedeutungslosigkeit. Parallel dazu wachsen Gearbest, Bangood & co. in atemberaubender Geschwindigkeit.
Werfen wir jetzt den Blick auf ein weiteres Opfer dieser Entwicklung: Tinydeal.com. In dieser Episode von „Vergessene China Shops“ zeige ich wie Tinydeal entstanden ist, was in der Vergangenheit alles schief gelaufen ist, und wieso der Shop kaum noch zu retten ist.
Geschichte: Großhandel und iPhone Klone
Auch wenn es schon lange her ist, die Wurzeln der Seite sind relativ interessant. Gegründet wurde die Firma Tinydeal Ltd co. 2004, jedoch hat Tinydeal.com damals aber noch zu deren (damaligem?) Partner Tronfy umgeleitet. Wie man in dem Screenshot der Waybackmachine erkennen kann, hat sich Tronfy um das B2C , Tinydeal um das B2B Geschäft gekümmert. Anfangs vertrieb man gemeinsam die eigenen Tronfy Produkte, hauptsächlich Mp4 Player und alle Arten von SD Karten.
2007 ging dann die Website Tinydeal.com online, die Anfangs nur für den Direktvertrieb eigener (Tronfy) Produkte zuständig war. Im Laufe der nächsten Jahre, hat man den Fokus auf iPhone Klone und gefälschte Produkte von Marken wie Samsung gesetzt. Als die Hochzeit der chinesischen Klone endlich um war, hat Tinydeal ein neues Feld für sich entdeckt. Die Gadgets.
Damit konnte man sich von konkurrierenden Anbietern absetzen, da man eine schier unendliche Anzahl an kleinen und günstigen Produkten anbieten konnte. Gleichzeitig hat man den hart umkämpften Smartphone Markt vernachlässigt, ohne ihn jemals komplett aufzugeben. Das führte zu den später angesprochenen Problemen.
Trotz der langen Zeit kann man die Wurzeln des Großhandels bei Tinydeal noch erkennen. Bei jedem Produkt sieht man entweder je nach Menge gestaffelte Preise oder man kann direkt eine Anfrage für eine Massenbestellung verschicken, worauf man eine Antwort mit einer Preistabelle bekommt. Trotzdem liegt der Fokus klar auf dem Endkundengeschäft.
Deutsches Warenhaus & European Express
Wie bei einigen anderen kleineren Shops (und ehemals auch bei Gearbest) läuft der Schmuggel in die EU über SF-Express. So fällt bei Produkten keine MwSt und ggf. Zölle an. Jedoch ist heutzutage die Versandfunktion bei Tinydeal so gut wie nie mehr möglich, normalerweise stehen UPS, DHL und ein gratis Versand per Schneckenpost zur Auswahl. Ein Pluspunkt ist der gratis Versand per DHL, der bei einigen teureren Produkten angeboten wird.
Das Fehlen einer „Germany Express“ Möglichkeit dürfte bei den meisten Produkten jedoch kein Problem sein, da das Groß des Sortiments innerhalb der Mehrwertsteuerfreigrenze bis 22€ liegt. Auch gibt Tinydeal in Ihren FAQ zu, dass Sie alle Käufe als Geschenke mit einem zufälligen Wert von 10-32$ falsch deklarieren. So sollte das meiste, wenn es nicht gerade ein Smartphone ist, durch den Zoll rutschen.
Eine Alternative wäre das deutsche Warenhaus, dass vor einigen Jahren eingerichtet wurde. Jedoch gibt es kein einziges Produkt mehr, das Tinydeal aus Deutschland verschickt, somit ist das Warenhaus leer.
77 Produkte gibt es dafür mit Versand aus einem Lager irgendwo in Europa. Das ist zwar bei aktuell über 6000 angeboten Gadgets eine extrem schwache Auswahl, immerhin unterscheidet sich der Preis nur leicht vom chinesischen Lager.
Tracking
Beim kostenlosen Versand ist normalerweise kein Tracking möglich, die Pakete werden per „Hong Kong Post Airmail“ oder „China Post“ verschickt. Die Versandoptionen „Registrierte Luftpost“, European Express, DHL und UPS können dagegen selbstverständlich getrackt werden. Am einfachsten geht es direkt im Tinydeal Konto, wie im Screenshot gezeigt, mit einem Klick auf Track & Trace.
Sollte das Tracking nicht funktionieren, könnt Ihr eure Bestellung mit der Tracking Nummer hier verfolgen:
Kundenservice
Wie bei jeder Bestellung aus China muss man auch bei Tinydeal hoffen, dass alles problemlos funktioniert. Denn wenn doch Probleme auftreten, bleibt einem der Kontakt mit dem Kundenservice nicht erspart. Und bei Tinydeal kommt es häufig zu den folgenden Problemen.
Ewig lange Versandzeiten
Gerade wenn man seine Bestellung nicht tracken kann, führen lange Versandzeiten zu Zweifeln, ob das Päckchen überhaupt noch ankommt. Doch bei Tinydeal darf das nicht überraschen. Oft vergehen Tage bis eine Bestellung verschickt wird, und China Post und Hong Kong Post lassen sich gerne auch mal über einen Monat Zeit. So sind die einschlägigen Foren voll mit Beschwerden über die langen Versandzeiten.
Garantie bei Tinydeal
Ein anderes Problem ist die Garantie. Jedem erfahrenem Kunden ist bekannt, dass diese Garantie kaum etwas Wert ist. Tinydeal gibt je nach Kategorie eine Garantie zwischen einem und zwölf Monaten an. Eine Tabelle dazu findet Ihr hier. Ich rate dazu immer mit Paypal zu bezahlen und im Falle eines Problems den Kundenschutz einzuschalten. So bekommt man 6 Monate lang den bestmöglichen Support bei chinesischen Händlern. Glücklicherweise unterstützt Tinydeal bei jeder Bestellung eine Bezahlung per PayPal.
Tinydeal zerstört leider einiges seiner Vertrauenswürdigkeit, in dem Sie offensichtlich Reviews fälschen. Erkennbar ist das einerseits daran, dass die Bewertung fast nur aus 5 und 1 Sterne Bewertungen besteht. Andererseits geht Trustpilot davon aus, dass Tinydeal versucht, die Bewertungen von Kunden zu beeinflussen. Das ist in China zwar leider gang und gebe, es in solchem Ausmaß zu sehen gibt einem trotz allem zu denken. So ergibt sich eine sehr schlechte Bewertung des Shops bei Trustpilot.com, und das deckt sich auch mit vielen Erfahrungen die man im Internet findet.
Außerdem ist die schlechte Übersetzung der App, Website und des Kundenservices auffällig. Das sorgt meistens nur für ein Schmunzeln, zu einem Problem wird es aber, wenn man kein Englisch versteht. Denn dank dem genutzten Google Auto Translation Tool geht häufig der Sinn eines Satzes verloren.
Weitere Probleme
Zwar listet Tinydeal eine Menge aktueller Smartphone, lieferbar sind aber nur die wenigsten. Sucht man nach Smartphones sind von gut 60 gelisteten lediglich 4 lieferbar. Da fragt man sich, ob die Verantwortlichen das Smartphone Geschäft überhaupt noch ernst nehmen, oder ob es nur noch Kunden auf die Seite locken soll.
Als wäre die grauenvolle Verfügbarkeit der Smartphones nicht schon genug, sind die Preise auch nicht konkurrenzfähig. So zahlt man für ein Xiaomi Mi A1 aus China ca. das gleiche wie auf Amazon direkt aus Deutschland.
Das völlig veraltete Design ist ein weiteres Problem von Tinydeal. Mit einer Website die sowohl langweilig als auch altbacken wirkt verschreckt man zusätzlich Kunden.
Das zusammen führt zu einem rasanten Absturz der Website. War man vor einem halben Jahr noch unter den 8.000 größten Webseiten, reicht es jetzt nicht einmal mehr für einen Platz unter den Größten 15.000.
Zukunft
Die Zukunft für Tinydeal sieht mehr als schwarz aus. Wenn man das Ruder noch einmal herumreisen will, müsste man das gesamte Erscheinungsbild überarbeiten. Außerdem wäre es Zeit sich vollends aus dem Smartphonemarkt zu verabschieden um sich voll auf den Handel mit Gadgets fokussieren zu können. So könnte man eine Nische abseits der großen Händler besetzen und sich dort eine Zukunft aufbauen.
Dass so ein mutiger (und teurer) Schritt gemacht wird, halte ich jedoch für sehr unwahrscheinlich. So erwarte ich, dass man bei dem aktuellem Kurs bleibt und prophezeie schon einmal ein langes Siechtum bis man irgendwann völlig in der Bedeutungslosigkeit verschwindet.
Habt Ihr in letzter Zeit bei tinydeal.com bestellt? Wie waren eure Erfahrungen? Schreibt es mir in die Kommentare!
Gerade mal geschaut, 2016 war das letzte mal.
Zuletzt, sind die Preise bei dem Transport- und Qualitätsrisiko völlig uninteressant geworden. Das Metallarmband für mein Mi Band und die Maiskolben-LEDs haben alle nichts getaugt und waren in kürzester Zeit hin, und dafür noch Zollgefahr und keine Garantie… Da hatte der Mediamarkt kürzlich interessantere Angebote für Leuchtmittel.
Jetzt ist es eh vorbei, Tiny Deal ist Geschichte. Shop wurde geschlossen.