Update! Nach mehreren Monaten nun große Verluste und neutrale Zukunftsperspektiven.
Xiaomi war lange Zeit das wertvollste Startup der Welt und Investoren wie die Deutsche Bank oder Morgan Stanley haben in den gehypten Techriesen aus Beijing investiert. Laut Crunchbase konnte Xiaomi in den letzten Jahren knapp 3,5 Milliarden USD Investorengelder einsammeln.
Momentan ist Xiaomi mit rund 40-50 Milliarden Euro bewertet. Mit einem Börsengang im zweiten Quartal dieses Jahres erhofft sich Xiaomi eine Bewertung von bis zu 100 Milliarden Euro – eine Wahnsinnssumme!
Ob eine solche gigantische Bewertung gerechtfertigt ist? Die Börse in Hong Kong ist bereits sehr positiv auf diese IPO gestimmt.
Börsenkurs in freiem Fall: Xiaomi -25%
Obwohl das Xiaomi Mi 8 mittlerweile, laut Aussagen des CEO Lei Jun auf Weibo, über 6 Millionen verkaufte Geräte verbuchen kann und nun in China 200CN¥ günstiger geworden ist, steht es nicht gut um Xiaomis Aktien. Auch private Analysten haben die Ziele für die Aktie heruntergeschraubt und wechselten von einer Empfehlung zu einer neutralen Bewertung. Die Finanzmärkte schwächeln und während der NASDAQ-100 in diesem Monat rund 8% (601 Punkte) einbüßen musste und der DAX um rund 7% gefallen ist, sind diese kein Vergleich zu den asiatischen Märkten*.
[bs-quote quote=“要让在上市首日买入小米公司股票的投资人赚一倍. Wer am Tag der IPO investiert, sieht seinen Gewinn in Xiaomi verdoppelt. “ style=“style-22″ align=“center“ author_name=“Lei Jun“ author_job=“Xiaomi CEO“][/bs-quote]
Seit beginn des Jahres legt der NASDAQ trotz momentaner Krise immer noch 7% hinzu (Vgl. Deutschland: DAX -10% YTD). Schlimmer trifft es die chinesischen Märkte, trotz hochrangigen IPOs verlor der HSI in Hong Kong in diesem Jahr rund 17% (5249 Punkte). In Mainland China sind die Verluste noch größer. Der SSE (Composite) aus Shanghai verlor in diesem Jahr 22% und Shenzhens SZCOMP verlor sogar wahnsinnige 32%*.
In China wird heiß diskutiert, woran das mangelnde Vertrauen der Investoren liegt, obwohl die Umsatzzahlen pro Quartal stark ansteigen. Der Konkurrenzkampf in China nimmt zu und während das Vivo Nex oder Oppo Find X durchaus spannende Innovationen bieten, ist Xiaomi primär für das gute Preis-Leistungs-Verhältnis bekannt. Laut Analysen sind die Smartphone-Preise in China um 15% angestiegen, um eine immer wählerische Kundschaft mit neuen Features zu überzeugen. Bei Xiaomi bleiben, so die Analysten, nicht nur die Innovationen aus, sondern auch die Preise wurden um nur 10% angehoben, um weiterhin kompetitiv zu bleiben – natürlich auf Kosten der Marge.
Dennoch ist die internationale Division, mit einem Anstieg von 161% und nun 36% des Gesamtumsatzes für Xiaomi, stärker denn je. Besonders liegt dies wohl an z.B. strategischen Partnerschaften und Investitionen in Indien.
*Zum heutigen Datum, dem 11.10.18
Mittlerweile Skepsis bei Investoren?
Nicht nur der Bericht über die Umweltsünden des teuren Start-Ups zeigen, dass das sehr junge Unternehmen noch viel nachzuholen hat, sondern auch der letzte Quartalsbericht zeigt, wie teuer das Wachstum des Herstellers ist. Im ersten Quartal 2018 wurden Verluste in Höhe von 1,08 Milliarden US-Dollar verzeichnet. Dennoch konnte sich der Hersteller auf die Position Vier der Smartphone Weltrangliste positionieren – teures Wachstum mit Hardware zum Schnäppchenpreis.
Besonders durch ein rasantes Wachstum im Indien – dort wird mittlerweile mit dem ehemals unangefochtenen Branchenprimus Samsung um die Spitzenposition konkurriert – sind Wachstumsraten um fast 100% möglich. Wie Geldhungrig das Unternehmen in Zukunft bleiben wird schreckt nun einige Investoren ab. Chinesische Experten schätzen eine realistische Bewertung auf rund 50-70 Milliarden US-Dollar – weiterhin eine beachtliche Summe.
Durch einen klugen Schachzug könnte Xiaomi allerdings einige Punkte für sich gewinnen. Das Unternehmen aus Beijing plante bisher nur in Hong Kong (ähnlich wie ehemals Tencent oder Alibaba) an die Börse zu gehen, aber durch sogenannte CDRs (Chinese Depositary Receipts) sollen bis zu 30% für den chinesischen Börsenmarkt reserviert werden. Kein anderes Unternehmen hatte bisher diesen Schritt gewagt, aber durch eine Registrierung in Shenzhen und Shanghai könnten bis zu 3 Milliarden US-Dollar zusätzlich eingesammelt werden.
Meinung: Kein Langzeitinvestment
In den Facebook-Kommentaren zu diesem Beitrag sprachen sich viele für ein Investment in das Unternehmen aus – Wer wäre schließlich nicht gerne Teil des größten Börsenganges seit Alibaba in 2014?
Meine Meinung geht hier allerdings in eine andere Richtung, denn ich denke nicht, dass Xiaomi am meisten von diesem IPO profitieren wird. Die Gewinner sind hier die Internetriesen Tencent und Alibaba. Durch die geringe Gewinnspanne (5%!) des Herstellers und großer Auswahl in jedem Preissegment sorgt Xiaomi in China vor allem für Eines: Höhere Internet Penetrationsrate.
Dies verhilft langfristig vor allem den großen Internetanbietern und Service-Dienstleistern. Mittlerweile ist es unmöglich in China zu leben ohne Software, Services und Apps von Branchenriesen wie Tencent, Alibaba, Netease, Didi oder Meituan zu nutzen. Xiaomi sorgt mit ihrer Unternehmensstrategie somit dafür, dass diese Unternehmen mehr Nutzer erreichen können, um ihren Service anzubieten und Nutzer zu generieren. So scheint eine Hand die andere zu Waschen!
Genau aus diesem Grund sehe ich einem Investment in Xiaomi skeptisch gegenüber. Langfristig sehe ich das Unternehmen nicht als Gewinner auf dem internationalen Markt, wenn die Strategie nicht überarbeitet wird. Während Xiaomi weiter günstige Smartphones verkauft und Verluste macht, erobern Tencent und Alibaba die Welt.
Es bleibt spannend abzuwarten, welchen Weg Xiaomi nutzen wird, um ihren stetig steigenden Marktanteil und Geldhunger zu monetarisieren.
Ich erahne eine schreckliche Zukunft in Hinsicht auf IoT-Gadgets und warte nur darauf, dass Werbung oder gar Abos notwendig sind, um diverse Produkte zu nutzen. Ein Thema für einen ausführlichen Rant zu einem anderen Zeitpunkt.
Xiaomi schreibt keine schwarzen Zahlen?
Trotz der großen Beliebtheit der Produkte in China und dem Rest der Welt, schreibt das schnell wachsende Unternehmen wahrscheinlich keine schwarzen Zahlen. Als privat geführtes Unternehmen ist es natürlich nicht nötig, die Zahlen offen zu legen und in China wird sowieso an jeder Ecke gemogelt. Allerdings lassen zwei Finanzierungsrunden, die zusammen Schulden von rund 2 Milliarden US-Dollar bereinigten, auf eine schwierige Finanzlage schließen.
Auch die Tatsache, dass China rund 5% weniger Smartphones im Jahre 2017 verkaufen konnte, macht das „Startup“ aus Beijing sicher nicht glücklich. Auch die Börsen mussten in den letzten Wochen rund 10% Verluste einstecken und so ist das Timing, welches Xiaomi mit ihrer IPO anstrebt, vielleicht nicht ganz optimal, wenn das Vertrauen in den Markt nicht zurückkommt.
Xiaomi Ökosystem zieht Investoren an
Glücklicherweise hat Xiaomi sich in den letzten Jahren nicht nur auf Smartphones konzentriert, sondern baut sich ein kleines IoT-Imperium auf (Internet of Things). Unter Mi Home und Mi Fit gibt es mittlerweile jedes erdenkliche Gadget und Elektrogerät – natürlich mit der hauseigenen App verbunden, sodass möglichst viele Nutzerdaten gesammelt und verkauft werden können.
Das beste an diesem Ökosystem? Xiaomi produziert kaum ein Produkt selbst, sondern unterstützt bestehende Unternehmen und konsultiert diese bei Produktion, Design und Anbindung an das bestehende System. Zwei Erfolgsgeschichten sind z.B. Huami, einer der mittlerweile größten Wearable Hersteller der Welt (Xiaomi Amazfit & Mi Band) und Yi Technologies, der Action-Kamera-Hersteller, der GoPro ordentlich unter Druck setzt (Yi Cams & Xiaoyi).
Das Abhängigkeitsverhältnis in diesem System ist offensichtlich, aber aufgrund der vielen minderwertigen Produkte in China an vielen Stellen zu begrüßen.
Ähnlich wie Apple ist es einfach praktisch mehrere Produkte des Herstellers zu kaufen und zu vernetzen. Wie genial das beim größten Techkonzern der Welt funktioniert, wissen wir alle.
Gleichzeitig baut sich der angehende chinesische Techriese so ein eigenes Netzwerk auf, um Werbung auszuspielen. Ein Werbenetzwerk, dass zu 100% durch das Unternehmen kontrolliert wird.
Somit wäre es völlig in Ordnung Verluste mit Hardwareprodukten zu machen, wenn diese durch den Verkauf von Nutzerdaten an Werbetreibende ausgeglichen werden können. Das Beispiel Facebook zeigt, dass Milliardengewinne möglich sind, ohne ein einziges physisches Produkt herzustellen.
Xiaomi baut sich somit seine kleine eigene Welt. Angelehnt an das Thema möchte interessierten Lesern den Beitrag „Internet of Shit“ ans Herz legen. Ein Denkanstoß, den Firmen wie Xiaomi wahr werden lassen?
Würdet ihr Aktien von Xiaomi eurem Portfolio hinzufügen? Wie schätzt ihr die Zukunft des Unternehmens ein?