Mode aus China ist immer ein heikles Thema. Zwischen den schlimmsten Horrorszenarien und treuen Kunden befindet sich oft nur ein schmaler Grat gefüllt mit Misstrauen, Vorurteilen und schlechte Optimierung der Shops.
Eine der größten E-Commerce Unternehmen ist globalegrow, die ich bereits in Amazon Alexa 07/2017).
Lediglich Aliexpress ist der Konkurrenz hier, zumindest im verkauften Volumen, meilenweit vorraus.
Aber alles der Reihe nach. Zuerst möchte ich euch erklären wie das System in China funktioniert, um dann auf die genannten Shops des GearBest Mutterkonzerns zu kommen. Am Ende soll Stylebest, der neue Ableger von GearBest, genau betrachtet werden.
Wie funktioniert der Modemarkt in China?
Das Image, das in China nur mindere Qualität und Fakes produziert werden, hält sich bis heute. Und ja, nicht lizensierte Motive, schlechte Kopien oder offensichtliche „Inspirationen“ von großen Marken gibt es in China überall! Marken wie Uncle Martian (und viele weniger offensichtliche Fakes) verbessern das Image des Exportriesen aus Fernost nur bedingt.
Allerdings wird einiges, wenn auch nicht genug, gegen diese offensichtlichen Fakes getan. Regelmäßig werden Fabriken nach Inspektionen geschlossen oder Verkäufer dieser Produkte von Marktplätzen wie Taobao oder JD verbannt. Allerdings handelt es sich hier um einen Kampf gegen Windmühlen.
Genau aus diesem Grund vertrauen viele Chinesen, vor allem wenn sie finanziell unabhängig sind, den eigenen Anbietern nicht. Noch nie war die Nachfrage nach Konsum- und Gebrauchsgütern aus dem Ausland so groß. Gerade bei Produkten, die für Babies und Kinder gedacht sind, haben chinesische Hersteller kaum noch eine Chance.
Auch bei Mode und Luxusartikeln ist dies nicht anders. Shops wie H&M, ZARA oder UNIQLO gehören zu den beliebtesten. Marken aus dem Ausland sind ebenfalls ein Prestigeobjekt, von dem sich die chinesische Jugend aus der Masse abheben kann. Es ist einfach „Hip“ Markenklamotten zu tragen. Das Schöne: die Markenidentität und das Image, das sich die westlichen Marken über Jahrzehnte in China aufgebaut haben, ist hier teilweise vollkommen unbekannt. So darf problemlos – leicht überspitzt, aber nicht zu weit hergeholt – die Prada Handtasche mit einem Iron Maiden T-Shirt und pinken Nike Air Sneakern kombiniert werden.
Läuft man durch die Straßen der Großstädte Chinas, dann mögen modebewusste Damen den Chinesinnen vorwerfen, dass sie stillos sind. Für mich ist es allerdings eine erfrischende (und amüsante) Mischung aus „I don’t give a fuck“ und unschuldiger Ignoranz. Subgenres wie Skater, Metalheads oder ambitionierte Models sind rar und nur selten an einen Kleidungsstil gebunden. In anderen Worten: Alles ist erlaubt!
Allerdings sorgt diese Vorliebe für Markenprodukte und die große Einkommendiskrepanz in China dafür, dass viele Produzenten das schnelle Geld machen wollen.
Designs und Blaupausen sind bereits vorhanden und müssen somit nur kopiert werden. Oft werden günstigere Materialien oder Prozesse genutzt, um noch etwas mehr Marge aus den Produkten zu holen.
Da sich eben nicht jeder die teuren Produkte aus dem Ausland leisten kann, wimmelt der Markt nur von Fakes aller großen Modelabels. Viele Chinesen sind sich meist auch nicht bewusst, wofür der Polospieler auf ihrem T-Shirt für umgerechnet 4€ steht.
Sobald es um englische Sätze, Sprüche oder Markennamen geht, ist leider alles verloren. Was Fabriken hier ausspucken ist ebenso peinlich wie schockierend für jemanden, der mit all diesen Dingen aufgewachsen ist.
Was macht Mode interessant für chinesische Shops?
Die Antwort ist simpel: Marge! Wo Elektronikprodukte oft nur 5% oder weniger Gewinn bringen, bieten Bekleidung und Accessoires eine Gewinnspanne von mehr als 40%. Kein Wunder, das Firmen wie globalegrow mit ihren unzähligen Shops dort einsteigen wollen.
Material- und Produktionskosten sind bei Bekleidung sehr gering. So kosten T-Shirts im Einkauf teilweise nicht mehr als 1-2$, wenn die Absatzmenge stimmt.
Allerdings entsprechen die Produkte dann auch eben jener Qualität. Bei komplexeren Kleidungsstücken wie Abendkleider, Hosen oder Schuhen kann dies desaströse Ergebnisse haben.
Aber auch in anderen Bereichen können die Chinesen, da nicht immer korrekt gehandelt wird, viel Kosten sparen. Vor allem, wenn es um Produktbilder und Vermarktung geht.
Wie sparen chinesische Shops Kosten?
Sammydress, das ehemalige Vorzeigepferd von globalegrow, hat mehrere negative Schlagzeilen machen können. Ein viraler Artikel auf Buzzfeed hat den Shop ins Visier genommen und das Ergebnis war mehr als bescheiden für den Modeshop aus China.
Die Produktqualität nimmt teilweise lächerliche Züge an. Das soetwas überhaupt hergestellt wird, ist verblüffend. Schlimmer ist allerdings, dass die Produktfotos einfach – und entschuldigt bitte die Ausdrucksweise – kackendreist von Instagram gestohlen wurden.
Das bedeutet, dass die Produkte nicht nur Fakes von echten Designern sind, sondern nicht mal richtig gefaked werden kann. Ein echtes Trauerspiel.
Das nicht alles schlecht ist, beweist allerdings ein weiterer Buzzfeed Artikel. Dennoch gilt, bei einem einkauf aus China sollte genau aufgepasst werden. Es sei denn ihr liebt Überraschungen und wollt eine Firma, die soetwas ernsthaft verkauft, unterstützen.
Hier alle Shops, die zum Mutterkonzern von GearBest gehören, sodass ihr euch, falls ihr Werbung von diesen auf Facebook oder Google seht, vorbereiten könnt:
- Sammydress
- Zaful
- Rosegal
- Dresslily
- Trendsgal
- Yoshop
- Nastydress
- Stylebest (neu!)
Wo sind weitere Baustellen?
Ein weiteres Problem sind die verwendeten Materialien. In den meisten Fällen kommt 90% Polyester zum Einsatz. Kleidung, die mithilfe von diesem Material und nicht optimierten Prozessen erstellt wurde, fühlt sich billig an und wird oft als plastikähnlich beschrieben.
Auch die Preise, die bei den Chinashops für Mode angegeben werden, sind nicht vertrauenswürdig. Der unverbindliche Verkaufspreis ist frei erfunden und somit sind Rabatte von 70% mehr ein Witz, als ein echtes Schnäppchen. Ebenso bedeutet hier teuer nicht gleich bessere Qualität.
Da die Produktfotos auf diesen Shops meist gestohlen sind, gibt es auch nie das „wahre“ Produkt zu sehen. Gestohlen wird entweder von Instagram oder gar von einem anderen (meist etablierten) Onlineshop.
Auch die Produktbeschreibungen sind bisweilen grausam und zeugen davon, wie wenig Ahnung von Mode in diesen Firmen vorhanden ist. Oder wirkt ein Name wie „Gorgeous Colorful Slant Stripe Print Irregular Hem Summer Long Dress With Belt For Women – ONE SIZE“ vertrauensvoll? Das richtige Produkt zu finden kann so ewig dauern.
Ein weiteres Problem bei Sammydress, Zaful und co. ist die lange Versandzeit. Wer die gratis Versandmethode wählt, der kann bis zu 2-3 Wochen auf seine Bestellung warten. Ebenso, auch wenn hier nicht näher darauf eingegangen werden soll, kommen eventuell Zollkosten und Einfuhrumsatzsteuern hinzu.
Sind alle Modeshops schlecht und sollte generell von ihnen abgeraten werden? Nein, aber es sollte clever eingekauft werden. Wer sein Brautkleid oder das nächste Ballkleid aus China kauft ohne eine direkte Empfehlung bekommen zu haben, der ist selber Schuld.
Was macht Stylebest besser?
Wie der Name bereits indiziert, ist Stylebest ein Ableger des erfolgreichen Elektronikshops von globalegrow. Was GearBest für Elektronik richtig macht, will Stylebest für Mode unter den selben Hut bringen. Ob das gelingt und wo die großen Unterschiede zu den anderen Shops, will ich euch erklären.
Auf dem ersten Blick haben Stylebest, Zaful und Sammydress nichts miteinander gemeinsam. Vergleicht man allerdings die Produkte, dann fällt auf, dass einige direkt auf Stylebest übernommen wurden.
Um welche Produkte handelt es sich hier genau?
Es fällt auf, das diese Produkt immer die gleichen Models verwenden. Diese Fotos wurden im hausinternen Studio von globalegrow angefertigt. Somit gehören diese Produkte zu den wenigen, die wirklich auf Qualität geprüft wurden und durch die Hände der Mitarbeiter gingen. Nur hier kann sichergestellt werden, dass das Produkt nicht stark abweicht.
Allerdings hat die Sache einen Haken: Schlaue Fabriken senden als Testware immer nur die besten Produkte ohne Fehler und Qualitätsmangel zum Verkäufer. Falls hier nicht richtig aufgepasst wird, können große Qualitätsschwankungen auftreten. Ebenso zeigen diese Bilder keine Details und so ist die reale Qualität nur schätzbar.
Auf Stylebest.com sind nur Produkte zu finden, die im Studio von Stylebest aufgenommen wurden. Alle Models und Kleidungsstücke sind echt. Selbiges gilt für Accessoires wie schmuck und Rücksäcke. Es gibt keine geklauten Fotos oder schäbige Kopien. Traurig genug, dass dies ein Maßstab ist, aber so ist China nun mal.
Ein Sache lässt mich allerdings sauer aufstoßen: Die Preise für identische Produkte bei Stylebest.com sind deutlich teurer als bei Zaful.
Wie ist dies möglich, wo es sich doch um identisches Inventar bei den beiden Onlineshops handelt? Eine freche Methode, um die Marge zu erhöhen. Da es sich auch nicht um Markenprodukte handelt, ist der Preisvergleich teilweise unmöglich.
Priority Line Versand bei Stylebest
Um Steuern zu sparen lieben GearBest Kunden die Versandmethode Germany Express bzw. Priority Line. Diese ist auch bei Stylebest vorhanden und sollte für alle Bestellungen ausgewählt werden. Die Einfuhrumsatzsteuer und Zollkosten, die ab 150€ Einkaufswert anfallen, entfallen hier. Besonders bei Bekleidung und Mode kann hier viel gespart werden, denn für diese Produkte fallen Zollkosten (siehe Tabelle hier) an.
Ob alles hier so mit rechten Dingen abläuft, habe ich bereits im Artikel zum Thema Globalegrow besprochen.
Rückversand und Garantie
Obwohl sowohl der Rückversand, als auch eine Garantie angeboten werden, ist dies alles andere als komfortabel. Wer den Service von Zalando, Amazon und co. gewohnt ist, der sollte sich schnell von dieser Einstellung verabschieden.
Der Rückversand wird immer nach China erfolgen und auf den Kosten bleibt ihr selbst sitzen. Da der Support auch nur wenig kooperativ ist und kein Rücksendeschein im Paket beiliegt, könnte dieser Prozess einige Nerven kosten.
Generell würde ich also behaupten, dass der Rückversand zwar möglich, aber keineswegs komfortabel ist. Die meisten Kunden werden sich den Stress sparen. Gut für den Shop, denn dieser spart so eine Menge Geld.
Asiatische Größen für westlichen Markt
Wer bereits aus China bestellt hat, der weiß bereits, dass die Größe bei manchen Produkten gewürfelt wird. Glücklicherweise bietet Stylebest für jedes Produkt eine entsprechende Größentabelle. Diese sollte unbedingt beachtet werden, denn der Rückversand, wie bereits erklärt, ist mit Aufwand und Kosten verbunden.
Ich empfehle demnach immer einen Blick auf die Größentabelle zu werfen, um einschätzen zu können, ob das Produkt stark abweicht.
Nur so kann garantiert werden, dass die Größen S, M, L, XL oder größer auch dem entsprechen, was ihr gewohnt seid. Für viele ist das genau, was das Einkaufen aus China ausmacht. Für andere allerdings eine Farce.
Lohnt es sich bei Stylebest einzukaufen?
Der globalegrow Shop Stylebest scheint zumindest das Projekt zu sein, welches am meisten Erfolg verspricht. Es werden keine billigen Kopien und Produkte mit minderer Qualität hochgeladen, keine Instagram Fotos geklaut und mindestens eine Person hat die Produkte in der Hand und auch wirklich getragen.
Ob dafür 30% oder mehr Aufpreis gerechtfertigt sind? Schließlich handelt es sich nicht um Markenprodukte. Sollten allerdings mehr chinesische Marken eingebunden werden, was ich wirklich begrüßen würde, wäre Stylebest eine alternative zu yesstyle.
Wer einen Kauf in Erwägung zieht, der sollte sich die Ware genau anschauen und sich damit abfinden, dass ein Rückversand nicht so einfach wie gewohnt ist.
Nur so lässt sich das ein oder andere Schnäppchen machen. Wer emotional und schnell zuschlägt, der wird es eventuell bereuen.
Ob Stylebest allerdings endlich der erste Shop von globalegrow ist, der es im Bereich Mode nicht vermasselt, wird sich zeigen. Wünschen würde ich es mir, denn obwohl täglich neue Shops aus China aus dem Boden sprießen, sind diese leider alles andere als empfehlenswert. Etwas mehr Mut, Strategie und erfahrene Mitarbeiter wären hier angebracht.